Einleitung

Auf dieser Website finden Sie die Beschreibung aller wichtigen Pflanzen, welche heutzutage uns nicht nur die in Gewerbe, Handel und Industrie, im Haushalt und zum täglichen Gebrauch nötigen Stoffe liefern, sondern vor allem auch eine genaue Erklärung derjenigen Pflanzen bietet, welche als Arzneimittel dazu bestimmt sind, bei Krankheiten auf kunstgemäße Weise angewendet zu werden. Beseitigt dieses Mittel die Krankheit, so wird aus dem Arzneimittel ein Heilmittel. Wir nennen sie Vorbauungsmittel, wenn sie eine drohende Krankheit entfernt halten; Linderungsmittel, wenn sie eine unheilbare Krankheit, oder einzelne, besonders lästige, oder die ganze Krankheit verschlimmernde Symptome mildern. Unmittelbare, (spezifische) Heilmittel nennt man sie, wenn eine Krankheit durch unmittelbare, auf die der Krankheit zunächst zu Grunde liegende Ursache und durch Beseitigung derselben geheilt wird, mittelbare , wenn sie zur Heilung dadurch beitragen, dass sie das Streben des Körpers nach Ausgleichung begünstigen.

Da wir bis jetzt nur von sehr wenigen Arzneimitteln die genaue Art und Weise ihrer Wirkung auf den menschlichen und tierischen Körper kennen, so müssen wir in dieser Beziehung vorerst noch mit Bruchstücken uns behelfen. Es gibt stärkende und schwächende Arzneimittel, ferner gemeinsam und besonders wirkende Arzneimittel. Die ersteren wirken auf den gesamten Körper, die letzteren nur auf einzelne Teile desselben. Die besondere Wirkung eines Arzneimittels besteht darin, dass sich dasselbe für gewisse Krankheitsformen außerordentlich wirksam erweist, so werden u. a. der China solche Kräfte gegen das Wechselfieber zugeschrieben.

Die Menge der Arzneimittel, welche der Arzt den Kranken in einem bestimmten Zeitraum nehmen lässt, bildet die Dosis oder Gabe einer Arznei. Die Größe dieser Gabe soll natürlich derart sein, dass sie die Heilwirkung zu bewerkstelligen vermag. Gehört das Arzneimittel ohnehin zu den kräftig wirkenden, so zergliedert man dieses in eine große, mittlere und kleine Gabe. Ferner hat man die Eigentümlichkeit des Kranken, sein Alter, Geschlecht, Temperament, Körperbeschaffenheit und Lebensweise einerseits, und die Beschaffenheit des Arzneimittels andererseits zu berücksichtigen, wenn man die Größe der Gabe bestimmen will. Ebenso haben die Tages- und Jahreszeit Einfluss auf die Größe der Gabe. So erheischt der Winter nicht fehlten größere Gaben zur Beseitigung einer Krankheit, als der Sommer.

Was die Aufeinanderfolge der Gaben betrifft, so ist zu berücksichtigen, ob die Krankheit im Zu- oder Abnehmen begriffen, da in diesen Zuständen bald energisch mit Arzneimitteln eingegriffen, bald haushälterischer mit denselben umgegangen werden muss. Bei drohender Gefahr und raschem Verlauf der Krankheit ist rasches Eingreifen unerlässlich, daher müssen auch die Gabelt rasch aufeinander folgen. Heftige Blutflüsse, rasch verlaufende Cholera z. B. erheischen, dass die Gaben alle 5 Minuten, alle Viertelstunden gereicht werden. Je flüchtiger die Wirkung, um so rascher müssen die einzelnen Gaben aufeinander folgen. Bedarf dagegen ein Arzneimittel längere Zeit, bis seine Wirkung im Körper eintritt, und ist diese dann zugleich eine sehr energische, so müssen die Zwischenräume, in welchen die Gaben aufeinander zu folgen haben, schon ziemlich beträchtliche sein. Schließlich hat man noch die Form der Gabe in’s Auge zu fassen, sofern das Arzneimittel in flüssiger Form vom Körper rascher, als das in fester Form gereichte, aufgenommen wird.

Die Formen, in welchen überhaupt die Arzneimittel dem menschlichen und tierischen Körper beigebracht werden können, sind: luft- und dunstförmige, tropfbarflüssige, dickflüssige, weiche, festtrockene und pulverförmige.

  1. Die luftförmigen Arzneimittel bietet entweder die Natur selbst, oder sie werden künstlich dargestellt, oder es sind tropfbarflüssige, oder auch feste Körper, die sich bei gewöhnlicher Temperatur verflüchtigen und somit der Luft beimengen. Man lässt dieselben auf die äußere Haut, die Atmungsorgane, den Mastdarm, die Scheide, Gebärmutter, Nasenhöhle, den äußeren Gehörgang u.s.w. wirken.
  2. Die flüssigen Arzneimittel bilden die Auflösung, die Mixtur (Mischung), destilliertes (abgetröpfeltes) Wasser, Aufgüsse, Abkochungen und Tinkturen. Die Auflösung ist diejenige Flüssigkeit, welche das Arzneimittel vollständig in flüssiger Form in sich aufgenommen hat. Zu Auflösungsmitteln nimmt man Wasser, Essig, Weingeist, Wein und andere Flüssigkeiten. Die Mixtur (Mischung) ist ein Gemenge verschiedener Flüssigkeiten, oder Auflösungen, welchen nicht selten fein zerteilte Stoffe beigemengt werden.

Emulsionen (Pflanzenmilchen) erhält man entweder, indem man ölige Samen in Wasser zerstößt, oder Harze, Balsame oder fette Öle mit Gummischleim oder Eidotter abreibt. Das erstere Verfahren liefert die wahren, das andere Verfahren die falschen Pflanzenmilchen.

Pflanzensäfte sind diejenigen Flüssigkeiten, welche zur Ernährung der Pflanzen dienen, und gewöhnlich durch Auspressen erhalten werden.

Das destillierte (abgetröpfelte) Wasser erhält man, wenn man mit flüchtigen Bestandteilen ausgestattete Arzneimittel mit der 10fachen Menge Wassers einem Abtröpfeln unter mäßiger Temperatur aussetzt, bis der vierteTeil des Wassers in die Vorlage übergegangen ist. Dieses enthält sodann die flüchtigen Bestandteile des Arzneimittels.

Aufgüsse erhält man durch Übergießen eines Arzneimittels mit irgend einer Flüssigkeit, welch’ letztere man nach einiger Zeit wieder abgießt. Besteht die übergossene Flüssigkeit aus Wein, so erhält man die Arzneimeine.

Den Absud erhält man durch Kochen eines Arzneimittels mit Wasser, wobei natürlich die Dauer des Kochens und der Zusammensetzung des Arzneimittels abhängt.

Die Tinktur bereitet man in der Regel dadurch, dass man Alkohol bei gelinder Wärme über irgend einem Arzneimittel stehen lässt, um eine gänzliche, oder teilweise Lösung zu bewirken, worauf man ihn abgießt. Die Tinktur ist einfach, wenn das Arzneimittel einfach war, dagegen zusammengesetzt, wenn das Arzneimittel aus verschiedenartigen Stoffen bestand.

Lässt man das Wasser in den Arzneimitteln verdunsten, so werden diese, wie der Sirup, Extrakt (Auszug), dickflüssig. Auch erhält man dickflüssige Arzneimittel, wenn man diese mit dickeren Flüssigkeiten wie Schleim u.s.w., mischt. Hierher gehören die Honigsäfte, die man durch Eindicken gereinigten Honigs mit irgend einem Aufguss oder Absud erhält. Nimmt man sie zu Essigaufgüssen, so erhält man die Sauerhonige, wird bei den Honigsäften der Honig durch Zucker ersetzt, so erhält man die Zuckersäfte oder Sirupe.

Eingedickte, oder durch Abdampfen dickflüssiger gewordene Aufgüsse und Abkochungen, heißen Extrakte (Auszüge).

Wird das Arzneimittel von einem fetten Öle aufgenommen, und fließt dasselbe noch langsam, so nennt man es ein Liniment; wenn es nicht mehr fließt, sich ader doch noch streichen lässt, nennt man dasselbe eine Salbe.

Arzneimittel, welche die Dicke eines Breies haben und nicht mehr fließen, werden weiche Arzneimittel, zu welchen die Latwerge, Konserve und der Breiumschlag gehören, genannt.

Die Latwerge sind ein aus verschiedenen Stoffen, die mit Honig oder Zuckersäften zur Dicke eines steifen Honigs gebracht worden sind, gebildetes Arzneimittel.

Frische, innig mit Zucker vermengte Pflanzenteile, deren Kräfte, ohne dieses Verfahren durch das Trocknen verloren gehen würden, heißen Konserve.

Ein aus mehligen, öligen und schleimigen Stoffen gebildeter, zur äußerlichen Anwendung bestimmter Brei, heißt Breiumschlag.

Die festweichen Arzneimittel bestehen aus einem Gemenge dickflüssiger und trockener Stoffe, wobei die letzteren die ersteren überwiegen. Hierher gehören die Teige, aus denen für den inneren Gebrauch die Pillen und Bissen, für den äußeren Gebrauch die Pflaster und Salben bereitet werden.

Zu den festtrockenen Arzneimitteln gehören die Zeltchen, Täfelchen u.s.w., zu den festen die Pulver.

Unter Species versteht man ein Gemenge gröblich-zerkleinerter Arzneimittel, die zum Aufgießen, Kochen u.s.w. benützt werden. Die hervorragendsten Species sind folgende:

Eibischtee. Zerschnittene Eibischwurzel 360g, Eibischkraut 720g und zerschnittene Süßholzwurzel 180g werden gemengt.

Bittere Species. (Mischung) Je 120g gemeines Wermuts Kardobenedikten- und Bitterkleekraut mit 60g Tausendguldenkraut und je 30g Enzian- und Kalmuswurzel gemengt.

Schmerzstillende Species (Mischung) zu Bähungen. Man zerkleinert und mengt 120gr. Mohnköpfe und je 3gr. Bilsenkraut, Hollunderblüten und gemeine Kamillen.

Wurmwidrige Species (Mischung) 90g blühendes Wermutkraut mit je 30g Wurmfarnkraut, Wildaurinkraut und gemeinen Kamillen gemengt.

Aromatische oder zerteilende Species (Mischung) zum Umschlag erhält man, wenn man von Ysop-, Andorn-, Wohlgemut-, Rauten-, Salbei-, Saturei- und Quendelkraut gleiche Mengen nimmt, sie zerkleinert und mengt.

Deutscher- oder Kräutertee.

  1. Man menge je 90g Ehrenpreis-, Gundelreben-, Huflattich- und Scabiosenkraut mit je 45g Melissen und Salbeikraut
  2. 30g Melissenkraut, 12g Fenchelsamen und 8g Süssholz mit einander gemengt. Die unter dem Ramen St. Germania-Tee bestand bekannt gewordene Species besteht aus 120g mit Weingeist angefeuchteten Sennesblättern, 75g Hollunderblüte, je 37,5 g Anis und Fenchel und 22,5g Weinstein.

Eine Species (Mischung) gegen Mundfäule besteht aus gleichen Teilen Tannensprossen, Schafgarben, Erdrauch-, Bitterkleekraut, Wachholderholz und Kalmuswurzel.

Brustmischung, Brustfrüchte.

  1. Gleiche Mengen aufgelöste Datteln, Feigen, Brustbeeren und getrocknete Weinbeeren werden zerschnitten und mit einander gemengt.
  2. Je 30g kleine Weinbeeren, Johannisbrot, Brustbeeren, Datteln, Feigen, Graupengerste werden mit je 15g Süssholzwurzel und Frauenhaar und 8g Ysop gemengt.

Windtreibende Mischung besteht aus 90g Kümmel, 180g kleine Kamillen und je 30g Pfefferminzkraut und Baldrianwurzel.

Umschlagsmischung ist eine wohlriechende Species, zu der noch auf Anordnung des Arztes verschiedene Zusätze, als Salmiak u.s.w. kommen.

Mischung zum Fiebertrank. Hierzu nimmt man je 720g Graswurzel, Nöhrleinkrautwurzel, dann je 360g Sauerampfer und Zichorienwurzel und je 180g Süssholz, Tausendguldenkraut und Kardobenediktenkraut, zerkleinert diese Stoffe gehörig und mengt sie tüchtig mit einander.

Mischung zu einer eröffnenden Abkochung. Man mengt 60g Zichorienwurzel mit je 30g Flachsseide, Erdrauch, Hirschzunge, Engelsüss und Süssholz.

Die 5 eröffnenden Wurzelmischungen bestehen aus je 60g Petersilie-, Sellerie-, Fenchel-, Spargel- und Mausdornwurzel; je 180g Sennesblätter und kleine Weinbeeren, 45g Lerchenschwamm und je 24g Fenchel- und Anissamen, Kapern- und Tamarindenrinde, werden tüchtig mit einander gemengt.

Erweichende Mischung. Gleiche Mengen Huflattich, Käsepappel und Himmelbrandkraut werden gehörig zerkleinert und mit der doppelten Menge gestoßenem Leinsamen gemengt. Werden diese Stoffe gepulvert und dann gemengt, so geben sie die erweichende Mischung zu Bähungen.

Klistiermischung. Dieselbe besteht aus 720g Eibischblätter, 360g gemeine Kamillen und 180g Leinsamen, die gehörig zerschnitten und zerstoßen werden.

Wohlriechende Mischung zur Bähung erhält man, wenn man 60g Hopfen und je 90g gemeine Kamillen, Lavendelblumen, Rosmarinkraut, Quendel- und Nainfarnkraut zerschneidet und gut mengt.

Gurgelmischung , zusammenziehende, bereitet man, wenn man entweder

  1. je 150g Wegetritt- und Brunellenblätter, 90g Salbei umd je 30g rote Rosen und Tormentillwurzel, oder
  2. 160g Tormentillwurzel und je 90g Salbeikraut, rote Rosen und Fliederblumen mit einander mengt.

Gurgelmischung, erweichende, besteht aus je 180g zerschnittenem Käsepappel-, Eibisch- und Wollkraut und 90g gleichfalls zerschnittenen Fliederblumen.

Brusttee Mischung besteht entweder aus

  1. 720g Eibischkraut, 360g Eibischwurzel, je 180g Kreuzwurzel und Süssholz, je 90g rote Kennblumen und Himmelbrandblumen. Diese Stoffe werden zerschnitten und mit einander gemengt und geben so die so genannte Mischung ohne Früchte, dagegen kommen noch zu der Brutspecies mit Früchten je 60g kleine Gewürze, zerschnittene Feigen, Johannisbrot und kleine Weinbeeren, oder aus
  2. 60g Huflattichblätter, 120g Eibischwurzel, 45g Süssholzwurzel, 15g Flor-Veilchenwurzel und je 30g Klatschrosen, Wollkrautblumen und Sternanis, oder aus
  3. je 360g Feigen, Johannisbrot, Zibeben, samenlosen Datteln, Gerstenmalz und je 720g Eibischwurzeln und Eibischblättern.

Blutreinigende Mischung. Man nimmt je 180g Wacholderholz, Klettenwurzel, sodann je 90g Graswurzel und Wacholderbeeren und 60g Süssholz, zerkleinert diese Stoffe und vermengt sie gut mit einander.

Mischung zum gemeinen Tee besteht entweder

  1. aus 1080g Sauerampferwurzel, 540g Scorzonerenwurzel, 720g rohe Gerste und je 90g Fenchel und getrocknete Zitronenschalen, oder
  2. aus 90g Graswurzel, je 60g Scorzonerenwurzel und Gerste und 30g Süssholzwurzel.

Kampfs Mischung zum, auf die Eingeweide wirkenden Klistier, ist ein Gemenge aus je 30g Löwenzahnkraut und Wurzel, Baldrianwurzel, weißem Andorn und gemeinen Kamillen.

Wundmischung enthält gleiche Mengen Tausendgulden-, Schafgarben-, Gundelreben- und Bitterkleekraut.

Räuchermischung enthält entweder

  1. je 15g Weihrauch, Venzoe, Bernstein und 60g Lavendelblumen, oder
  2. gleiche Mengen Venzoe, Weihrauch, Mastix, Bernstein, Kaskarille, Lavendelblumen und rote Rosenblätter.

Die Homöopathie, eine in neuerer Zeit vielfach angewendete Form, Krankheiten zu bekämpfen und zu heilen, bei welchem Verfahren weniger darauf gesehen wird, viele Mittel zu geben, als vielmehr wenige, aber dafür um so wirksamere, – beschränkt sich darauf, die Natur zu unterstützen, und verwirft alle großen’ Arzneikolben und Mengen. Die Zahl ihrer Anhänger ist eine sehr große, und wir werden bei jedem Arzneimittel ganz genau angeben, in welchen Fällen, und wie es homöopathisch zur Anwendung kommt. Die Grundlage dieser Heilkunde beruht auf der Prüfung der Arzneimittel im gesunden Zustande des menschlichen oder tierischen Körpers, und sie erkennt hierin den besten Weg zur sicheren Erforschung der besondern Wirkungsweise und Heilkräfte der Arzneimittel.

Da nun zwischen dem so geprüften Arzneimittel und dem zu heilenden besonderen Krankheitsfalle eine gewisse Verwandtschaft, oder eine besondere Beziehung stattfindet, so darf das Arzneimittel nur in verhältnismäßig kleiner Gabe angewendet werden. In der Kleinheit der Gabe des Arzneimittels allein beruht jedoch nicht das Wesen der Homöopathie, wie schon angedeutet wurde, aber diese Kleinheit macht einen Bestandteil des Wesens aus. Hauptsache ist und bleibt auch hier immer: Richtige Wahl des Mittels.

Die Form der Gabe muss ferner eine solche sein, dass das Arzneimittel seine volle Echtheit, Einfachheit und Stärke behält, und die sorgfältige und genaue Teilung desselben in bestimmte, genau abzumessende Gaben noch ermöglicht wird. Zu beachten ist, dass man erst dann, wenn in den Umständen des Patienten Änderungen eintreten, auch mit dem Arzneimittel eine Änderung vornehmen darf.

Soll das Arzneimittel seine Heilwirkung in zweckmäßiger Weise entfalten können, so muss es in der passenden Quantität (Gabe, Dosis) angewendet werden. In dieser Beziehung lehrt die Erfahrung, dass die Gabe nicht so genommen werden darf, dass sie neben der vorhandenen Krankheit noch die ihr eigentümlichen Wirkungen erzeugt. – Die Grenze indessen, bis wohin ein Arzneimittel verkleinert werden kann, dass es noch
heilkräftig wirke, ist bis jetzt noch nicht genau festgestellt.

Die niedereren Grade der Verkleinerung haben eine raschere, aber minder anhaltende Wirkung, als die höheren Grade, welche ihre Wirkung langsamer und allmählicher, aber nachhaltiger und eingreifender entfalten. Entspricht das gewählte Arzneimittel der zn heilenden Krankheit, so wirkt dasselbe auch noch in der kleinsten Gabe um so sicherer.

Ob ein Arzneimittel wiederholt werden soll, hängt von der Einwirkung ab, welche dasselbe geäußert hat, und muss hier berücksichtigt werden, ob dasselbe eine günstige oder ungünstige Veränderung hervorgebracht hat und ob die Dauer der Wirkung eine anhaltende oder schnell vorübergehende war.

Die Arzneimittel werden in der Homöopathie in dreifacher, nämlich in fester, tropfbarflüssiger und ätherischer Form verabreicht und zwar zum innerlichen wie äußerlichen Gebrauche.

Eine der Hauptaufgaben der Homöopathie besteht nun darin, die von der Natur gegebenen Arzneimittel in einen solchen Zustand zu verwenden, in welchem sie die ihnen innewohnenden Heilkräfte in möglichst vollständig entwickeltem Grade, und zwar ohne Veränderung ihrer Eigentümlichkeit und in der vollkommensten aufnehmbaren Form darbieten. Diese Form zerfällt in die der trockenen und der flüssigen Arzneimittel.

Verreibungen. Trockene Arzneimittel, welche in ihrem rohen Zustande, wie z. B. Bärlapp, eine sehr unbestimmte Wirkung äußern, dann auch andere Stoffe, die schon in kleiner Gabe ätzend und zerstörend wirken, und solche, die sich weder in Weingeist, noch Wasser, noch Äther auflösen lassen, werden verrieben und zwar auf folgende Weise: Man wiegt einen Teil des Arzneimittels genau ab, und bringt diesen mit dem gleichen Gewicht Milchzucker in eine geräumige, unglasierte, porzellanene Reibschale, wo es so lange zusammen gerieben wird, bis es eine vollständig gleichartige Masse bildet. Hierauf wird die dreifache Menge des zuerst gegebenen Milchzuckers hinzugefügt und mit dem Inhalte der Schale so lange zusammen gerieben, bis der Inhalt wieder eine vollständig gleichförmige Masse darstellt, der Nest des Milchzuckers, dessen Menge das fünf-Fache der zuerst beigegebenen Menge betragen muss, hinzugesetzt und das Ganze wieder so lange zusammen gerieben, bis es ein durchaus gleichartiges feines Pulver darstellt, das selbst unter der Lupe sich als vollkommen gleichartig zeigen muss. Eine solche vollendete Verreibung wird nun mit 1 : 10 bezeichnet. Von dieser ersten Verreibung wird nun wieder ein Gewichtsteil mit der neunfachen Menge Milchzucker verrieben, wobei aber gleich das dreifache vom Milchzucker mit der Arzneiportion in Arbeit genommen wird, sodass das Ganze binnen 3/4 Stunden bewerkstelligt ist. Auf gleiche Weiße wird nun von dieser mit 2 = 1 : 100 bezeichneten Verreibung eine dritte angefertigt und mit 3 = 1 : 1000 bezeichnet.

Sollen nun die Verreibungen aufgelöst werden, so wird ein Teil der dritten Verreibung mit 9 Teilen destillierten Wassers in einem nur bis zu zwei Dritteln des Raumes anzufüllenden Glase übergossen und durch wiederholtes Schütteln bei gewöhnlicher Temperatur aufgelöst. Diese Auflösung hat man mit 4 zu bezeichnen. Es muss hier noch bemerkt werden, dass dieselbe sich nicht zum Aufheben eignet, da sie leicht dem Verderben ausgesetzt ist. Den Übergang zu den weingeistigen Lösungen bildet nun die 5. Potenz, welche durch Vermischung eines Teiles der 4. mit 9 Teilen gewässertem Weingeist hergestellt wird. Alle weiteren Verdünnungen werden dann mit starkem Weingeist in gleichem Verhältnisse so lange, als es die Praxis erreicht, fortgesetzt.

Bezüglich der Auflösung, die nichts anders als die innigste Vereinigung eines ungleichartigen besonderen Körpers mit einer Flüssigkeit darstellt, so dass man beide nicht mehr von einander unterscheiden kann, hat man folgendes zu beobachten. Die Auflösung darf nur bei gewöhnlicher Temperatur, etwa 12-15° R., hergestellt, und muss dieselbe stets vor dem Einflüsse des Tageslichtes bewahrt werden. Auch darf nur eine durchaus klare Flüssigkeit verwendet werden. Zeigt dieselbe nur die geringste Trübung, so hat die Auflösung keinen Wert mehr und muss verworfen werden. Will man eine zweite Potenz der Auflösung herstellen, so bedient man sich, wie bei der 5. Potenz aus Verreibungen, gewässerten Weingeistes und erst von der dritten Potenz kann er auch hier unverdünnt angewendet werden.

Die flüssigen Arzneiformen bezeichnet man in der Homöopathie mit dem allgemeinen Namen Tinktur und werden jene nach Gruner in 3 Klassen geteilt.

I. Klasse – Regel 1. Die erste Klasse bilden alle Rinden, Wurzeln, Samen, Blätter u.s.w., welche im getrockneten Zustand aufbewahrt und verarbeitet werden. Hier gilt die allgemeine Regel, dass ein Teil, nachdem er zuvor in ein gröbliches Pulver verwandelt worden, mit 10 Teilen Weingeist in einem mit nasser Blase zu verwahrenden Gefässe übergossen, 14 Tage hindurch, bei täglich zu wiederholendem, starken Ausschütteln zur Tinktur ausgezogen werde. Zur Gewinnung einer kräftigen Tinktur aus Stoffen, die im Weingeist wenig löslich sind, ist ein vorhergehendes stundenlanges Abreiben, zuerst für sich trocken, hierauf unter Zusatz von so viel Weingeist, als zur Bildung eines dicklichen Breies erforderlich ist, höchst vorteilhaft. Nach Verlauf des angegebenen Zeitraumes wird die Flüssigkeit durch Pressen von dem ausgesogenen Stoff gesondert und nach 24stündiger Ruhe und Ablagerung durch weißes Fließpapier geseiht und aufbewahrt. Der Weingeist muß in der Regel ein starker, 70 – 80 Prozent haltender sein.

II. Klasse – Regel 2. Alle diejenigen Pflanzen, oder ihre zur Verarbeitung kommenden Teile, welche so viel Saft enthalten, dass sich derselbe nach vorhergegangenem Zerkleinern im Mörser, durch Ausdrücken mittelst einer guten kräftigen Presse in hinreichender Menge absondern lässt, bilden die zweite Klasse und werden demgemäß behandelt. Da aber auf diesem rein mechanischen Wege nicht immer alle wirksamen Bestandteile in die Flüssigkeit übergehen, so zieht man diese noch besonders mit Weingeist aus. Man verwendet hierzu eine dem Gewichte des gewonnenen Pflanzensaftes gleichkommende Menge Weingeistes, aber nicht mehr, lässt dann das Ganze 1 – 3 Tage stehen, vorausgesetzt, dass der Pflanzensaft in dieser Zeit nicht in Gärung übergeht, und presst dann den geistigen Auszug wieder ab. Die auf diese Weise erhaltene Tinktur wird nun mit dem zuerst ausgepressten Safte gemischt und, nachdem sie sich geklärt hat, ebenfalls filtriert und aufbewahrt. Diese Form von Arzneimitteln bezeichnet man mit dem Namen Essenz.

III. Klasse – Regel 3. Da viele Pflanzen auch im frischen Zustande so wenig Saft enthalten, dass davon selbst nach der ausdauerndsten Bearbeitung eine hinreichende Menge nicht zu gewinnen ist, so muss man dieselben zerkleinern und in einem passenden, fest zu verschließenden Gefässe mit der ihr Gewicht um’s doppelte übersteigenden Menge starken Weingeistes übergiessen und sie dann weiter behandeln, wie oben bei den Tinkturen (Kl. I.) angegeben wurde. Einem ganz gleichen Verfahren müssen auch solche Pflanzen unterworfen werden, die ihrem Äußeren nach wohl eher der zweiten Klasse beizuordnen sein möchten, deren Saft aber so schleimig ist, dass diese Eigenschaft die gewöhnliche Absonderung durch die Presse verhindert.

Alle Herstellungen dieser drei Klassen müssen jederzeit vollkommen klar sein, und dürfen keinerlei Bodensatz zeigen; stellt solcher sich dem ungeachtet ein, so muss die Herstellung einer abermaligen Klärung unterzogen werden. Die so aus trockenen Pflanzenteilen mit starkem Weingeist hergestellten Tinkturen sind mit eben solchen, nach dem bei der Verreibung festgesetzten Dezimalverhältnisse, weiter zu verdünnen. Dagegen erfordern die mit verdünntem Weingeist bereiteten Tinkturen, sowie die Essenzen in der ersten, bisweilen auch in der zweiten Potenz, einen gewässerten Weingeist, damit jene stets klar und ohne Bodensatz erscheine.

Man beginnt die Potenzierung oder Verdünnung nicht eher, als bis man so viele Gläschen von 4 – 8g Inhalt, als man Potenz herzustellen beabsichtigt, nicht nur mit Stöpseln versehen, welche gleichfalls mit Namen und Potenzzahl zu bezeichnen sind, sondern auch mit aufgeklebter deutlicher Bezeichnung und der Nummer der Potenz bezeichnet, der Reihenfolge nach in Ordnung vor sich aufgestellt hat. Diese fülle man hintereinander, mittelst eines Messgläschens jedes, und zwar die kleineren mit 90, die größeren mit 180 Tropfen Weingeist, hierauf tropfe man in das mit der niedrigsten Zahl bezeichnete Glas von dem zu verdünnenden Arzneimittel 10 beziehungsweise 20 Tropfen, verschließe die Mündung mit dem entsprechenden Stöpsel, und bewirke durch ein kurzes aber kräftiges Schütteln die Vermischung. Aus diesem ersten Glase werden nun, wieder 10 oder 20 Tropfen in das nächstfolgende übergegossen, durch gleiches Schütteln mit dem darin schon befindlichen Weingeist vermischt und so fortgefahren, bis die ganze Reihe auf diese Weise potenziert oder verdünnt worden ist.

In der Tierheilkunde werden die Arzneimittel innerlich in Form von Pulvern, Latwergen, Pillen, Eingüssen und Klistieren, äußerlich in Form von kalten Umschlägen, warmen Breiumschlägen, Linimenten und Bädern verordnet.

Die Pulverform ist die einfachste und bequemste. Den Pferden und Wiederkäuern streut man das Pulver in der verordneten Gabe auf das Futter. Dell Schweinen rührt man es mit Milch an und stellt es ihnen zum Fressen hin. Den Hunden mischt man es mit Stärkemehl oder arabischem Gummi und schüttet ihnen das so gemischte Pulver in den Rachen. Da das Stärkemehl oder das Gummi das Pulver im Rachen des Hundes anhängend macht, so ist er gezwungen, es hinab zu schlucken.

Besitzt das Arzneimittel einen widerwärtigen Geruch, oder Geschmack, oder besteht es aus einem Salze, so wählt man am besten die Latwergeform. Pferden und Wiederkäuern wird die Latwerge mittelst eines hölzernen Spatels auf die Zunge gestrichen. Bei Schweinen sind mehrere Personen erforderlich, um dasselbe zu halten, damit man ihm gleichfalls die Latwerge auf die Zunge streichen kann. Es ist dies immer ein mühseliges Manöver.

Hunden kann man das Arzneimittel in Pillenform verabreichen, auch für Pferde ist diese Arzneiform die geeignetste, doch darf sie bei Wiederkäuern nicht angewendet werden, weil die Pillen 24 Stunden im Wanste liegen bleiben und damit zu spät wirken würden.

Wird das Arzneimittel als Einguss oder Einschütt gegeben, so muss die Auflösung vollkommen, oder der Aufguss oder Absud gut filtriert (durchgeseiht) sein, damit in dem Einschütt keine festen Bestandteile mehr in schwebender Form enthalten sind.

Bei den Klistieren hat man besonders darauf zu achten, dass sie nicht zu heiß eingespritzt werden. Die Klistierspritze soll ungefähr 720g Wasser halten und darf das Rohr an seinem Ende nicht spitzig, sondern muss kolbenförmig sein, damit der Mastdarm nicht verletzt werden kann.

Bezüglich der äußeren Anwendung der Arzneimittel ist nur wenig zu bemerken. Zu kalten Umschlägen nimmt man entweder nur kaltes, wit Essig und Kochsalz versetztes Wasser, oder man bereitet aus 15g Bleiessig, 60g Weingeist und 720g Wasser, das so genannte Goulard’sche Wasser. Sehr wirksam ist auch eine Mischung aus 30g Salmiak und je 540g Essig und Wasser, oder man streicht einen dünnen Lehmbrei, 3 cm dick, auf die leidende Stelle und erneuert diesen Anstrich, so oft er getrocknet ist. Das Haupterfordernis bei den kalten Umschlägen besteht darin, dass sie fleißig erneuert werden, so dass der leidende Teil nie trocken oder heiß wird. Warme Umschläge finden bei Tieren nur selten Anwendung. Bei Einreibung von Salben und Linimenten hat man darauf zu sehen, dass die Stelle, auf welche sie eingerieben werden, vollkommen trocken ist.

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