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Heilweine & Kräutergetränke nach Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen begeistert seit über 800 Jahren zahlreiche Menschen – so auch Elisabeth Engler. In ihrem Werk fasst die Kräuterpädagogin und Aromaberaterin zahlreiche Rezepte von Heilweinen, Tränken und Gewürzmischungen zusammen, die auf die Erkenntnisse über Heilpflanzen durch Hildegard von Bingen aufbauen. Das Buch lädt dazu ein, sich mehr mit dem Thema Naturheilkunde auseinanderzusetzen und bietet dahingehend einen einfachen und spannenden Zugang zur vielseitigen Pflanzenwelt. Neben den Rezepten beschreibt die Autorin auch noch die entsprechende Verwendungsmöglichkeit und gibt Einblicke in die Welt der Heilpflanzen. Das Buch eignet sich deswegen sowohl für Neulinge in der Pflanzenwelt als auch wissbegierige Kräuterhexen, die ihren Horizont um ein großes Kapitel erweitern möchten. 

Auf den Spuren von Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen spielt nicht nur heute eine große Rolle, wenn es um Heilpflanzen geht. Elisabeth Engler widmet der Prophetin vom Rupertsberg ein eigenes Kapitel um die Leser und Leserinnen in die Geschichte der Frau von Bingen einzuweihen. Sie wurde nämlich als Tochter eines Grafen 1098 in Rheinland-Pfalz geboren, war später Äbtissin, Dichterin, Komponistin und galt schon damals als bedeutende natur- und heilkundige Universalgelehrte. Im Mittelalter hat man sie als Künderin vom nahen Weltenende bezeichnet. Bis heute wird sie in der römisch-katholischen Kirche als Heilige verehrt. Man hatte auch lange nach dem Mittelalter noch über sie gesprochen. Unter den Humanisten feierte man sie als erste große Frau der Literaturgeschichte. Grund dafür war ihre Aufklärungsarbeit über die Missstände in der Papstkirche. Sogar in der Musikgeschichte hat sie sich einen Namen gemacht. Sie war insbesondere in Japan, Australien und den USA als bedeutende Komponistin bekannt. Vor allem aber war Hildegard von Bingen „die Heilerin des Mittelalters“, wie Elisabeth Engler schreibt. Ihre medizinischen Ansätze sind seit dem Industriezeitalter als sanfte Alternative zur Apparatemedizin bekannt. Ein besonderes Augenmerk widmete sie der Natur- und Heilkunde. Ihre Forschungserkenntnisse bereichern die Medizin bis heute und so auch das vorliegende Buch. Die Autorin baut auf das alte Wissen auf und fasst verschiedene Heilmittel zusammen, die der heiligen Hildegard von Bingen als Urheberin zugeschrieben werden. 

Über die Autorin

Bereits als Kind hat die Autorin ihre Umgebung ganz genau beobachtet erforscht. Die Möglichkeiten, die die Natur uns bietet sind so einzigartig und wundervoll, dass Elisabeth Engler ihre Faszination dafür nie verloren hat. So kam es, dass sie neben ihrer Ausbildung zur Kräuterpädagogin auch als Aromaberaterin tätig ist. Kräuter und Wildpflanzen sind so vielfältig in ihrer Verwendung, weshalb ihre Themen von „Genossvollem aus Wald und Wiese“ bis hin zu „Naturkosmetik aus Pflanzen“ reichen. Als Autorin hat sie bereits zahlreiche Bücher zu den Themen Gesundheit, Kochen und eben auch Heilkräutern veröffentlicht. Wie man sieht, ist die frühere Buchhändlerin inzwischen selbst zu einer leidenschaftlichen Buchautorin geworden. 

Das Thema Heilkräuter liegt ihr dabei besonders am Herzen. Durch ihr frühes Interesse an Kraut und Unkraut, wurde ihr der Beiname “Die Kräuterexperimentelle” vergeben. Mit Sonja Bart, ebenfalls Kräuterpädagogin, bloggt die Autorin unter dem Namen „Krautgeschwister“ und tauscht sich so mit zahlreichen Kräuterinteressierten aus. Außerdem setzt sie sich für einen unkomplizierten und bewussten Umgang mit Natur und Nachhaltigkeit ein. Dies findet man auch in der Aufmachung des Buches sowie in den Rezepten wieder. 

Aufbau des Buches

Das Buch lebt von den etlichen Rezepten, die sich über 70 Seiten erstrecken. Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere Informationen, die aus einer reinen Rezeptsammlung ein informatives Buch zaubern. 

Zu Beginn steht ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, in welchem auch alle Rezepte für die Heilweine und Elixiere sowie die Gewürzpulver nach Hildegard von Bingen aufgelistet sind. Im Anschluss daran folgt ein kurzes Vorwort durch die Autorin selbst, in welchem der oder die Leser:in in das Thema Kräuterweine und Elixiere eingeführt wird. Da die Rezepte auf den Annahmen von Hildegard von Bingen beruhen, gilt das nächste Kapitel ausschließlich der „Heilerin des Mittelalters“. Die Autorin umschreibt die Geschichte der Äbtissin und erläutert, wie sie zu dem geballten Wissen über Heilkräuter und ihre Anwendungsmöglichkeiten kam. Die folgenden acht Seiten nutzt die Autorin um dem Lesenden einen Überblick über das Thema Kräuterweine und Elixiere zu geben und was es beispielsweise bei der Haltbarmachung zu beachten gibt. Für Neuling auf diesem Gebiet sind diese Informationen äußerst hilfreich und gut platziert. Zum einen erfährt man mehr über die Relevanz und Anwendung von Kräuterweinen und Elixieren und zum anderen gibt die Autorin hilfreiche Tipps für die Praxis. So zum Beispiel, ob sich für die Herstellung der Heilweine Rot- oder Weißwein besser eignet und welche Utensilien zum Nachmachen der Rezepte benötigt werden. Und dann geht es auch schon los. Ab Seite 23 stellt Elisabeth Engler nach und nach in alphabetischer Ordnung die Rezepte vor, beginnend mit dem Akelei-Wein. Die Rezepte umfassen immer folgende Abschnitte:

  1. Verwendung in der Hildegardmedizin
  2. Zutaten
  3. Zubereitung

So weiß man direkt in welchem Fall sich die Anwendung des Weines oder Elixiers lohnt und hat die notwendigen Zutaten auf einen Blick. Diese beschränken sich häufig nur auf zwei Komponenten, sodass man keinen großen Einkauf zuvor tätigen muss. Im Gegenteil – eigentlich braucht man für die meisten Rezepte nur einen guten Bio-Wein sowie die entsprechende(n) Heilpflanze(n). Wichtige Hinweise wie die Anwendungsdauer und mögliche Giftigkeiten der Pflanzen werden ebenfalls im Rezept vermerkt. Im Anschluss an die Heilweine und Elixiere findet man in einem gesonderten Kapitel Rezepte zu Gewürzpulvern nach Hildegard von Bingen. Diese sind nämlich neben den Weinen ebenfalls wichtiger Bestandteil der Hildegardmedizin. Im Anschluss daran folgt ein kleines Lexikon, in welchem all die genannten Heilpflanzen kurz beschrieben werden. Sowohl hinsichtlich ihres Volksnamens, als auch in Bezug auf die verwendbaren Pflanzentele, die Verwendung in der Hildegardmedizin und in welchem konkreten Rezept sie auftauchen. Damit ist es somit auch möglich, nach passenden Rezepten rückwärts zu suchen. Zu jedem Eintrag gibt es auch ein entsprechendes Pflanzenbild in Farbe. Die Gestaltung der letzten Seiten des Buches sind dem Leser oder der Leserin tatsächlich selbst überlassen. Auf zwei Seiten findet sich Platz für eigene Notizen und Gedanken. Eine tolle Sache, denn dieses Buch lädt schließlich dazu ein, kreativ zu werden und sich hinsichtlich alternativen Heilmethoden inspirieren zu lassen. 

Drei beispielhafte Rezepte mit frischen Heilkräutern

Viele Rezepte beinhalten frisches grünes Kraut. Möchte man dieses im eigenen Garten oder auf Wiesen ernten, bieten sich die sommerlichen Monate zur Herstellung der Heilweine und Kräutertränken ganz besonders an. So ist das blühende Kraut der Betonika-Pflanze Bestandteil des Rezeptes für Betonika-Wein. Dieser ist ein wahres Frauengetränk, da er bei starker Menstruation unterstützen kann. Die regelmäßige Einnahme von Betonika-Wein kann dazu beitragen, dass sich die Zyklusregulierung der Frau wieder einstellt. Zur Herstellung benötigt man lediglich einen Liter Bio-Wein und 25 Gramm des frischen Betonika-Krautes. Dieses unterstützt nicht nur bei Menstruationsproblemen sondern kann auch bei Nierenleiden und Verdauungsproblemen helfen. Zur Fertigstellung des Heilweines muss das Kraut lediglich zu dem Wein gegeben werden und dieser muss dann etwa zwei Tage ziehen. Hat der Wein den Geschmack der Pflanze angenommen, können die Reste des Krautes abgeseiht und der Wein in ein entsprechendes Gefäß abgefüllt werden.

Andere Rezepte wiederum eignen sich eher für den Winter. Zur Herstellung des Alant-Weines beispielsweise benötigt man die Alant-Wurzel. Diese sollte im Zeitraum zwischen November und März geerntet werden, da sich die Pflanze dann zur Ruhe zurückzieht und die Wurzel aufgrund dessen in dieser Zeit am kräftigsten und wirksamsten ist. Alant-Wein kann bei Migräne, Lungenerkrankungen und Verschleimungen unterstützen, sollte jedoch nicht im Übermaß eingenommen werden. Zur Herstellung braucht es lediglich 1 Liter roter Bio-Wein und 60 Gramm frische Alantwurzel. Nach Belieben kann der abgekochte Wein mit etwas Honig gesüßt werden. Die Wurzel wird dann kleingeschnitten und dem abgekühlten Wein-Honig-Bad beigemischt. Das Kraut wird erst dann abgeseiht, wenn es geschrumpft ist. In der Zwischenzeit entnimmt man dem Gemisch immer so viel, wie man eben gerade trinken möchte. 

Unabhängig von der Jahreszeit ist die Herstellung von Gewürzpulvern. Zwar kann man die notwendigen Kräuter und Gewürze auch selbst trocknen und malen, die Mischungen gibt es aber in der Regel auch oftmals fertig zu kaufen. So zum Beispiel im Fall des Fenchel-Mischpulvers oder auch „Verdauungspulver“ genannt. Dieses kann nämlich zur Förderung der Verdauung sowie zur Stärkung und Erhaltung unserer Gesundheit beitragen. Darüber hinaus soll die tägliche Einnahme eines 1/3 Teelöffels 30 bis 60 Minuten nach dem Mittagessen den Stoffwechsel und die Durchblutung anregen und bei Bluthochdruck sowie starken Schweißausbrüchen und Stressleiden unterstützen. Zur Herstellung mischt man lediglich 40 Gramm Fenchelsamenpulver mit 20 Gramm Galgantpulver, 20 Gramm Diptampulver und 10 Gramm Habichtskraut. Das fertige Gemisch hält sich in einem dunklen Schraubglas bis zu sechs Monate. 

Optischer Gesamteindruck

Farbenfroh, verspielt und informativ ist der erste Eindruck, wenn man das Buches in den Händen hält. Die Bilder von frischen Kräutern, Obst und Gemüse machen Lust auf den Inhalt. Verpackt ist das Buch der Umwelt zuliebe nicht, was eine schöne Geste in Bezug auf Nachhaltigkeit ist. Schlägt man das Buch auf, folgt ein kurzes Intro zur Autorin sowie rosa-rote Blüten auf der Innenseite des Softcovers. Dieses kann auch ganz wunderbar als Lesezeichen umfunktioniert werden und so die gewünschten Seiten markieren.

Allgemein ist das Buch sehr informativ und zeitgleich sehr ansprechend gestaltet. Aufgrund der vielen bunten Aufnahmen von Pflanzen, den Heilweinen und Gewürzmischungen in gestochen scharfer Qualität macht allein das Blättern durch das Buch Spaß. Über die 125 Seiten hinweg hat man eine ausgewogene Mischung zwischen Text und Bild, was das Lesen angenehm macht. Bei der Gestaltung der Rezepte hat man viel Wert auf Übersichtlichkeit gelegt. Die einzelnen Abschnitte sind farblich markiert. Genau wie wichtige Informationen wie die Dosierung oder eventuelle Vorsichtsmaßnahmen. Auf jeder Seite befindet sich ein Rezept, sodass man eine schöne Übersicht hat. Das Lexikon am Ende des Buches ist ebenfalls mit Bildern angereichert, sodass man im Zweifel noch einmal sicherstellen kann, dass man die richtige Pflanze in den Händen hält.

Fazit

Die Autorin Elisabeth Engler schafft es auf eine ansprechende Art und Weise altes Wissen in die heutige Zeit zu transformieren und leistet damit ihren Beitrag in Sachen Natur und Nachhaltigkeit. Häufig gerät solches Wissen über unsere Pflanzenwelt in Vergessenheit und wird durch die moderne Medizin immer mehr verdrängt. Mit ihrem Buch trifft die Autorin allerdings genau den Nerv bei den Menschen, die sich über alternative Behandlungsmöglichkeiten informieren möchten und Spaß daran haben, selbst mit natürlichen Heilmitteln zu experimentieren. Die Rezepte bestehen zudem aus wenigen Zutaten und sind auch dann umzusetzen, wenn man kein vollausgestattetes Labor in der Hinterküche hat. Die thematische Unterteilung in Heilweine und Elixiere sowie Gewürzpulver erleichtert dem Lesenden die Suche. Dass am Ende des Buches noch ein kleines Heilpflanzen ABC integriert wurde, macht dieses Buch außerdem zu einem passenden Exemplar für all diejenigen, die sich einen groben Überblick über den Einsatz von Heilpflanzen verschaffen möchten, diese aber nicht alle auswendig identifizieren können. Dass man über das Lexikon auch rückwärts suchen kann und anhand der Pflanzen zu den entsprechenden Rezepten kommt, stellt einen weiteren großen Vorteil dar. Insgesamt bietet das Buch einen großen Mehrwert in Sachen alternative Medizin und Pflanzenkunde, weshalb man eine klare Kaufempfehlung aussprechen kann. Die Mischung aus altem bewährtem Wissen und einer modernen Aufbereitung durch anschauliche Bilder und eine leichte Sprache ist das Buch sowohl für erfahrene Pflanzenkundler:innen als auch Neulinge in diesem Bereich bestens geeignet. 

Über das Buch

Heilweine und Kräutertränke nach Hildegard von Bingen
von Elisabeth Engler

  • Herausgeber ‏ : ‎ Freya; Erste Edition (10. Oktober 2020)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 128 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3990254200
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3990254202

Mehr als 70 Rezepte Hildegard von Bingen war DIE Heilerin des Mittelalters. Viele ihrer Rezepte können auch heute noch heilen und die Gesundheit fördern: leckere Heilweine und Tränke, meist schnell gekocht und wunderbar wirksam, zusammengestellt, getestet und teilweise angepasst an die heutige Zeit. Zusätzlich werden heilende Gewürzmischungen, die eine Basis der Hildegardmedizin bilden, erläutert. Ein Heilpflanzen-ABC erklärt die wichtigsten der verwendeten Kräuter und Gewürze, das ausführliche Krankheiten-Stichwortregister rundet das Buch ab.

Elisabeth Engler ist gebürtige Münchnerin mit Wurzeln in ihrer schönen bayerischen Heimat. Seit ihrer Kindheit erforscht, beobachtet und lernt die umtriebige Buchautorin, Redakteurin, Kräuterpädagogin und Aromaberaterin die Natur und ihre Gaben und ist immer wieder neu fasziniert von deren Möglichkeiten. Neben den Heilweisen von Kräutern und Wildpflanzen, alten und modernen Hausmitteln befasst sie sich auch ausführlich mit Naturkosmetik aus Pflanzen und Blüten und Genussvollem aus Wald und Wiese.


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