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Rindenmedizin: Die Apotheke der Knochenrichter, Holzknechte und Hebammen

Rindenmedizin

Das Wissen darüber, dass wir in der Natur bei verschiedenen Leiden Heilung finden können, verbreitet sich wieder zunehmend. In der Regel werden die Blätter, Blüten oder Wurzeln von Heilpflanzen verwendet, um von der gesundheitsfördernden Wirkung eben dieser Pflanzen zu profitieren. Teilweise mutzt man auch Knospen und Blätter von Bäumen. Aber wusstest du, dass selbst in deren Rinde großes Potential steckt? Ich zumindest nicht, bis ich das Buch „Rindenmedizin: Die Apotheke der Knochenrichter, Holzknechte und Hebammen“ in den Händen hielt, welches ich in diesem Beitrag gerne für dich rezensieren möchte. Eunike Grahofer bereitet darin Informationen zu der Anwendung und Wirkung der 33 gängigsten Bäume und Sträucher auf. Die Rezepte darin stammen aus Übermittlungen vieler Generationen, sind vielseitig einsetzbar und vor allem einfach nachzumachen.

Die Heilkraft unserer Bäume

Bäume stellen in vielerlei Hinsicht eine Quelle der Kraft dar. Der Trend zum Waldbaden ist unaufhaltsam. Es soll Körper und Seele gesund halten und gestressten Mensch dabei helfen, wieder zu sich selbst zu finden. Grund dafür ist laut Farbenlehre unter anderem das Blattgrün, welches auf uns entspannend wirkt. Aber auch das Umarmen von Bäumen strahlt Ruhe, Schutz und Geborgenheit aus. Studien zufolge sollen Nadelhölzer sogar den Herzschlag reduzieren können. Bäume verleihen den Menschen demnach eine Kraft, die fit hält und gesund machen kann. Sogar bei Depressionen soll die Heilkraft unserer Bäume helfen können. Doch nicht nur auf einer psychischen Ebene können wir von der Heilkraft unserer Bäume profitieren.

In früheren Zeiten war es ganz üblich, dass man Teile des Baumes oder Strauches in die Ernährung integriert hat. So fand man auch heraus, dass diese nicht nur eine sättigende sondern auch gesundheitsfördernde Wirkung habe. Zu den innerlich wirksamen Pflanzenteilen zählt auch die Rinde der Pflanzen. Genau wie uns Menschen unsere Haut vor Umwelteinflüssen schützt, so dient auch die Rinde des Baumes oder Strauches dem Schutz vor äußeren Einwirkungen. Es ist daher nur naheliegend, dass wir auch diesen Teil des Baumes für unsere Gesundheit nutzen. Eunike Grahofer, die Autorin des vorliegenden Buchs, führt den Lesenden an dieses Thema mit einer besonderen Geschichte heran. Die Geschichte eines Bauernjungen, dessen Heilung scheinbar aussichtlos erschien und dank der Waschung in Rindenabsud dann doch eingetreten ist.

Über die Autorin

Eunike Grahofer ist nicht nur eine wunderbare Geschichtenerzählerin, wie sich direkt auf den ersten Seiten des Buches „Rindenmedizin: Die Apotheke der Knochenrichter, Holzknechte und Hebammen“ zeigt, sondern auch Wildkräutertrainerin und Kräuterpädagogin. Die Naturliebhaberin stammt – wie könnte es auch anders sein – aus dem Waldviertel, dem nordwestliche Teil des österreichischen Bundeslandes Niederösterreich. Dort war sie auch von März 2020 bis Januar 2021 Gesundheitsstadträtin von Waidhofen/Thaya und seit Januar 2021 nun auch Bürgermeisterin eben dieser Bezirkshauptstadt.

Sie ist außerdem Leiterin des Lehrganges „Diplomierter Wildkräutertrainer“. Ihre Arbeitsschwerpunkte bilden die Wildnisapotheke und Rindenmedizin. Dabei beschäftigt sie sich seit 22 Jahren intensiv mit den Pflanzen, deren Inhaltsstoffen und idealen Sammelzeiten sowie deren alte Verwendungen und Hintergründe. Fast in Vergessenheit geratene, volksheilkundliche Rezepturen erforscht Eunike Grahofer mit voller Leidenschaft

und gibt dieses Wissen dann in Form von Beiträge in TV und Radio sowie Lehrgängen, Seminaren, geführte Wanderungen, Vorträge und ihren Büchern weiter.

Sie sagt von sich aus, dass sie als Buchautorin das Ziel verfolgt, das Volkswissen unserer Vorfahren zu erhalten und jedem zugänglich zu machen. Dies zeigt sich auch in ihren weiteren Verschriftlichungen. Der Titel „Heilwirkung der Kräuter in Körperkerzen – Altes Wissen wieder entdecken” verrät schon, dass es sich hierbei nicht um ein klassisches Buch der Naturheilkunde handelt. Die Körperkerzen-Therapie mit Kräutern stellt ein altes, schamanisches Heilverfahren dar. Dessen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten kann man in dem Praxisbuch von Eunike Grahofer in einfachen Grundschritten erlernen.

Die Relevanz des Buches

In der früheren Zeit hatte man nicht nahezu jederzeit die Möglichkeit, sich bei Beschwerden jeglicher Art in ärztliche Behandlung zu begeben. Was haben die Menschen dann gemacht? Wie wurden die Krankheiten behandelt, welche Pflanzen kamen zum Einsatz und vor allem wie wurden diese angewandt? Fragen über Fragen, denen die Autorin in ihren Büchern nachgeht. Den Aspekt der nahezu vergessenen Rindenmedizin behandelt sie im vorliegenden Buch.

Bei der Rindenmedizin handelt es sich um die positiven Effekte und Wirkungen, die man aus Bäumen und Sträuchern ziehen kann. Wenn damals die Vorräte aus der Speisekammer zu Neige gegangen sind, der Winter aber noch andauerte und man keine neuen Nahrungsmittel besorgen konnte, hat man auf Baum- und Strauchrinden zurückgegriffen, um die Leute zu sättigen. Betrachtet man nun einmal einen Baum von außen, ist wahrscheinlich der erste Gedanke, dass das ganz schön hart und trocken sein musste. Eunike Grahofer stellt auf einer der ersten Seiten des Buches jedoch klar heraus, dass die Rinde von Bäumen und Sträuchern aus verschiedenen Schichten besteht. Hinter der äußeren Schicht, die man als Borke bezeichnet, liegt nämlich die „grüne Schicht“. Diese ist genau das Gegenteil von ruppig und hart, eher fein und weich. In dieser Schicht transportiert der Baum die Nährstoffe, die die Wurzeln aus dem Boden ziehen und versorgt damit die Äste, Blätter und frische Triebe. Demnach stecken in der Rinde des Baums wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, die der Baum von ganz tief aus der Erde holt. Und wenn wir dieses „grüne Band“ schließlich essen, transportieren wir damit die genannten Nährstoffe weiter in unseren Körper. Als Nahrungsquelle findet die Rinde aufgrund des üppigen Angebots, welches uns heute in Supermärkten geboten wird, in den wenigsten Haushalten noch Verwendung. Man hat die Rinde früher auch zu medizinischen Zwecken verwendet, aber selbst das ist in Vergessenheit geraten. Dabei ist die Anwendung so einfach wie vielseitig und dazu noch unglaublich wertvoll. Da es bisher kaum Literatur zu diesem Thema gibt, stellt das vorliegende Lexikon von Eunike Grahofer eine absolute Bereicherung im Bereich der Naturheilkunde dar.

Aufbau des Buchs

In einem Interview erzählt die Autorin, wie sie mit der Idee, das Wissen zum Thema Rindenmedizin aufzubereiten und daraus ein Buch zu schreiben, auf den freya Verlag zugegangen ist. Es war die Rede von einem kleinen Buch, welches sie aufgrund ihrer Notizen von Interviews, die sie selbst durchgeführt hatte, und Recherchen sicherlich schreiben können würde. Nun liegt vor mir ein Lexikon bestehend aus 255 Seiten, welche prall gefüllt sind mit wertvollen Informationen und Anwendungsmöglichkeiten zu den 33 gängigsten Bäumen und Sträuchern.

Allgemeines zum Thema Rindenmedizin

Einen Überblick zu den Inhalten erhält man in dem ausführlich aufgebauten Inhaltsverzeichnis auf den ersten Seiten. Die ersten drei Kapitel geben einen allgemeinen Überblick zum Thema Rindenmedizin. So erfährt man als Leser zu Beginn, welche Rinden essbar und welche giftig sind. Außerdem übermittelt die Autorin einen ersten Eindruck, wie Rinden in der heutigen Zeit verwendet werden. Insbesondere wird geklärt, welche Rinde für welche Anwendung geeignet ist. Denn ja, ein Baum und auch ein Strauch haben verschiedene Arten von Rinden vorzuweisen. So unterscheidet man zwischen Stamm-, Ast- und Wurzelrinde. Im Anschluss daran zeigt die Autorin eindrucksvoll auf, weshalb die Rindenmedizin einst in Vergessenheit geraten ist, es sich aber lohnt, diese wieder in unser Bewusstsein zu holen. Dabei macht sie jedoch auch deutlich, dass der Respekt gegenüber der Natur an erster Stelle steht. Die Informationen sollen zwar dazu ermutigen, sich mit der Anwendung von Baum- und Strauchrinde als Aspekt der Naturheilkunde zu beschäftigen, allerdings möchte die Autorin dringend davon abraten, einfach loszulaufen und den Bäumen ihre Rinde zu nehmen. Warte lieber einen Sturm ab und suche dann nach heruntergefallen Ästen oder umgestürzten Bäumen. Außerdem soll man zum Schutz unserer Natur stets nur so viel der Rinde entnehmen, wie man auch verwenden kann.

Detailreiche Einblicke in die Anwendung der beliebtesten Rindensorten

Die nachfolgenden Kapitel befassen sich nun immer mit jeweils einem Baum beziehungsweise Strauch. Zu Beginn eines jeden Kapitels wird die Pflanze in einem kurzen Portrait vorgestellt. Neben dem wissenschaftlichen Namen findet man dort auch den umgangssprachlichen Bezeichnungen sowie folgende weitere Informationen:

  • Pflanzenfamilie
  • Standort
  • Aussehen der Pflanze
  • Aussehen der Rinde
  • Verwendbare Rinde
  • Optimale Erntezeit
  • Vorgehen der Rindenernte
  • Interessantes rund um die Rinde und ihre Anwendung

Außerdem wurden auf den Seiten der jeweiligen Pflanzen auch immer alte Sprüche und Weisheiten platziert, die mit der jeweiligen Rinde in Verbindung gebracht werden. So zum Beispiel: Apfelbaumrinde für die Braut bringt ihr schöne Haut. Nach der Vorstellung und Einordnung der Pflanze folgt in jedem Kapitel eine dazu passende Geschichte, die die Autorin in ihren zahlreichen Interviews erzählt bekommen hat. Geführt hat sie diese mit Kräuter- und Pflanzenkundigen, die das alte Wissen von vorherigen Generationen übermittelt bekommen und teilweise auch noch selbst angewandt haben. Dadurch findet sich in diesem umfassenden Buch nicht nur Faktenwissen wider, sondern auch ein Vermächtnis verschiedener Generationen. Im Anschluss an die Geschichten über Anwendungen von früher folgt ein Abschnitt über die Verwendung der Rinde in der traditionellen Volksheilkunde. Hier erfährst du gebündelt, in welchen Fällen eine Anwendung der jeweiligen Baum- oder Strauchrinde hilfreich ist.

Damit du das neu gewonne Wissen auch direkt anwenden kannst, findest du zum Ende eines jeden Kapitels eine Mischung aus Koch- und Hausmittelrezepten mit dieser Rinde. Jedes Rezept enthält Informationen über

  • den konkreten Anwendungsfall,
  • die benötigten Zutaten,
  • die Zubereitungsweise,
  • sowie die Art und Weise der Anwendung.

Auch wenn sich das Kochen von und mit Rinde zuerst vielleicht nach Neuland für dich anhört, sind die Rezepte für jedermann geeignet und leicht umzusetzen. Häufig bestehen diese auch nur aus zwei bis drei Zutaten und neben den üblichen sind auch keine weiteren Kochutensilien notwendig. Damit du ein Gefühl für die Art und Weise der Ver- und Anwendung von Baum- sowie Strauchrinden bekommst, habe ich im folgenden Kapitel drei beispielhafte Anwendungsmöglichkeiten aufgegriffen und zusammengefasst.

Drei beispielhafte Anwendungsmöglichkeiten von Baumrinde

Eine besonders beliebte Rinde in früheren Zeiten war die der Birke. Birkenrindentee wurde unter anderem als „Turbo der Natur“ bezeichnet, weshalb man diesen bis heute gerne in die Frühjahrskur integriert. Die Birkenrinde ist aber auch bekannt als Rinde der Hebammen und Wundheiler. Das liegt unter anderem an den antibakteriellen Inhaltsstoffen dieser Rinde. Bei Verletzungen eignet sich daher auch ein Birkenrindenverband, den du ganz einfach herstellen kannst. Du benötigst dazu lediglich zwei bis drei Stücke Birkenrinde, die du von den jungen Zweigen herunterschälst. Mit der grünen Seite voran legst du diese nun direkt über die Wunde. Die Anwendung unterstützt die Blutstillung sowie die anschließende Wundheilung.

Um beim Thema Haut zu bleiben, kommen wir einmal zu einer weiteren bekannten Rinde – die des Apfelbaums. Man empfiehlt nämlich unreine Haut mit dem Dunst von Apfelbaumrinde zu behandeln. Dazu musst du lediglich die Rindenstücke in einem Topf mit Wasser und Apfelschalen aufkochen und dann für weitere 10 Minuten köcheln lassen. Anschließend kannst du den Topf mit dem heißen Gemisch auf den Küchentisch stellen und deinen Kopf mit etwas Abstand darüber halten. Der Dampf wirkt sich positiv auf dein Hautbild aus und kann gleichzeitig noch deine Atemwege beruhigen.

Ebenfalls gut bei Hautunreinheiten wirken Waschungen mit Eichenrindentee. Die Eiche ist einer der bekanntesten Baumarten. Mit zunehmendem Alter bekommt die Rinde tiefe Furchen. Das ändert aber nichts an ihrem breiten Wirkungsspektrum. Eichenrindentee kann nämlich auch bei Fieber unterstützen sowie Schwellungen an den Mandeln lindern. Passend zur aktuellen Jahreszeit lohnt es sich außerdem zu merken, dass das Auftragen einer frischen Rinde eines jungen Eichenastes bei Insektenstichen helfen kann.

Optischer Gesamteindruck

Trotz dessen, dass es sich bei diesem Buch um eines der größten handelt, die ich bisher rezensiert hatte, erscheint der Inhalt ganz und gar nicht überwältigend, wie es beim Durchblättern eines Lexikons einer solchen Größe schnell passieren kann. Im Gegenteil – das Werk ist klar strukturiert aufgebaut, was einem auch die Suche nach speziellen Informationen erleichtert.

Das Buch wurde durch den Freya Verlag herausgegeben und überzeugt wie gewohnt mit einem frischen und ästhetischen Design. Die Fotografien von und Zeichnungen zu den jeweiligen Baum- oder Straucharten lockern die Fülle an Inhalt angenehm auf. Außerdem ist es für den Leser hilfreich, sich die entsprechende Pflanze noch einmal vor Augen zu führen, wenn man mehr über die Anwendung dieser erfährt. Wie auch bei anderen Büchern des Freya Verlags wird in den einzelnen Kapiteln mit grafischen Elementen und Farben gearbeitet, die sich aufgrund der kontinuierlichen Verwendung wie ein roter Faden durch das Buch ziehen. Außerdem kann man dadurch die einzelnen Abschnitte innerhalb der Kapitel deutlich voneinander unterscheiden. Die Rezepte unterscheiden sich beispielsweise klar von dem vorangestellten Fließtext. Gleiches gilt für die Auszüge aus Interviews und Gesprächen, die die Autorin geführt hat. So ist klar ersichtlich, in welchem Fall es sich um persönliche Erfahrungen mit der Anwendung der jeweiligen Rinde handelt.

Fazit

Das umfangreiche Lexikon von Eunike Grahofer zeigt anschaulich auf, wie wir die Kraft der Bäume nachhaltig für unsere Gesundheit nutzen können. In früheren Zeiten stellten Baum- und Strauchrinden eine wichtige Komponente in der Versorgung der Menschen mit Nahrung sowie Medizin dar. Das Wissen dazu wurde von Generation zu Generation übermittelt, meistens sogar nur mündlich. Damit dieses nicht vollständig in Vergessenheit gerät, fasst die Autorin in diesem Werk die Informationen rund um die 33 bekanntesten Bäume und Sträucher sowie deren Anwendungsmöglichkeiten zusammen. Unterfüttert wird das Wissen mit vielen Hausmittel- und Kochrezepten zum Nachmachen. Diese haben sich seit Jahrhunderten bewährt und können auch in der heutigen Zeit bei diversen Leiden unterstützen. Die Autorin schafft es durch die Aufarbeitung der Informationen das alte Wissen ansprechend in die heutige Zeit zu überführen. Der Charme von früher bleibt erhalten durch Zitate und Weisheiten, die man zu damaligen Zeiten mit der jeweiligen Rinde in Verbindung gebracht hat. Die bunten Fotografien sowie die themenbezogenen Zeichnungen machen das Lexikon für den Leser besonders ansprechend und leicht zu lesen.

Aufgrund der Tatsache, dass in diesem Buch ein Bereich der Naturheilkunde aufgegriffen wird, der schon fast in Vergessenheit geraten ist, überrascht das Werk mit neuen Anwendungsmöglichkeiten der Schätze unserer Natur. Demnach möchte ich für das Buch „Rindenmedizin: Die Apotheke der Knochenrichter, Holzknechte und Hebammen“ eine ehrliche Leseempfehlung aussprechen. Sowohl für erfahrene Pflanzenkenner als auch für diejenigen, die sich neu auf die Suche nach alternativen Heilmethoden begeben.


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