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Ragwurz

Wespen-Ragwurz

Ragwurz

(Ophrys)

Gattung der Familie Orchideengewächse, hat einen blumenartigen, rachigen, umgewendeten, 6-teiligen Blütenhüllesaum, dessen 3 äußere Zipfel ziemlich gleich zusammenneigend oder die zwei seitlichen abstehend sind, 2 von den innern gleichen Zipfeln schließen mit den 3 äußeren oder nur mit dem mittleren in einen Helm zusammen. Der dritte größere Zipfel, die Honiglippe, ist abstehend, meist dreilappig und am Grunde gespornt. Die Befruchtungssäule ist fast ohne Grisselstück, weshalb die scheibenförmige Narbe auf dem Fruchtknoten sitzt. Die über der Narbe angewachsene Anthere ist aufrecht und 2-fächerig, die Säckchen fast gleichlaufend, am Grunde mehr genähert und mit einem dazwischen geschobenen Fortsatz des Schnäbelchens versehen, welches daselbst von einem gemeinschaftlichen Beutelchen aufgenommen wird. Die Pollenmasse ist zweifach gestielt, kleinlappig und jede mit einer kugeligen Klebdrüse am Grunde behaftet. Zu beiden Seiten, am Grunde der Anthere befindet sich eine Drüse, der gedrehte Fruchtknoten hat eine trockene Kapsel, die in 3 Längsspalten aufspringt. Die Ragwurzarten tragen am Grunde des stets einfachen, mit scheidigen Blättern besetzten, in eine straußförmige Ähre ausgehenden Stengels 2 fleischige Knollen und lassen sich nach der Beschaffenheit dieser Knollen unter zwei Rotten bringen.

  1. Rotte mit ungeteilten Knollen:
    • Triften-Ragwurz

      (O. Moria)

      Kleines Knabenkraut, Kuckucksblume, Volksname für diese, wie für alle übrigen Arten dieser Gattung, hat Knollen, die 18 – 30 mm im Durchmesser haben, und 15 – 30 cm hohe Stengel, deren untere Blätter genähert, abstehend, oder zurückgekrümmt, stumpflich, gekielt, oder fast zusammengelegt, während die oberen spitz bis zugespitzt, aufrecht und die obersten scheibenförmig angedrückt sind. Die verkürzte, meist, etwas lockere Ähre ist 5 – 12-blütig und ihre Deckblätter eilanzettlich, spitz, hautig, meist gefärbt und so lang, oder etwas kürzer, als der Fruchtknoten. Die Blüten sind dunkelpurpurrot, und hell- bis rosenrot, seltener weißlich, die 3 äußeren Blütenhüllezipfel sind mit starken, grünlichen Streifen durchzogen. Die Honiglippe ist im Umrisse fast rundlich oder quer eirund, ziemlich flach, am Grunde und in der Mitte meist weißlich und rot punktiert, die Seitenlappen sind breiter, stumpf, oder zugerundet, fein gekerbt und der bald längere, bald kürzere Mittellappen ist schwach eingedrückt, oder gestutzt, bis tief ausgerandet. Der Sporn ist stumpf oder eingedrückt und so lang oder kürzer als der Fruchtknoten. Wächst auf Wiesen und Triften, von dem Flachlands bis zu den höheren Gebirgen hinaufsteigend, im größten Teile von Europa und blüht im April und Mai.

    • Männliche Ragwurz

      (O. mascula)

      Ist in allen ihren Teilen größer, als die vorige Art. Sie hat 25 – 30 cm lange Knollen, 21 – 48 cm hohen Stengel, stumpfe, grün oder dunkelpurpurrot gefleckte Blätter, von welchen, das oberste spitz ist und meistens eine etwas bauchige Scheide bildet. Die lockere, meist verlängerte Ähre ist 10 – 20blütig und ihre Deckblätter sind lanzettlich zugespitzt. Die dunkler oder heller roten, bis weißen Blüten sind von den vorhergehenden, hauptsächlich durch die bei der völlig geöffneten Blüte zurückgeschlagenen, zweiseitlichen Blütenhüllezipfel verschieden. Wächst auf Wiesen und auf lichten grasreichen Waldstellen, besonders der Gebirge und ist über einen großen Teil von Europa verbreitet. Blüht im Mai und Juni.

    • Helmblättrige Ragwurz

      (O. militaris)

      Hat meist noch größere Knollen als die männliche Ragwurz, auch sind dieselben zuweilen bis 60 cm lang. Die 14 – 60 cm hohen Stengel sind 4 – 5-blätterig und oberwärts nackt. Die Blätter sind stets grün, die gedrungene Ähre reich blütig. Der längere oder kürzere eiförmige Helm ist außen graulich rosenrot oder weiß blassrot bis dunkel purpurrot, auch grünlich mit dunkel purpurroten Punkten, bestreut. Die hellpurpurne Honiglippe ist in der Mitte weiß, mit satt purpurroten bärtigen Punkten bestreut, seltener ganz rot. Wächst auf trockenen sonnigen Wiesen, auf grasigen Hügeln, an Waldrändern, zumal auf Kalkboden, in einem großen Teile von Europa. Blüht im Mai und Juni.




  2. Rotte mit handförmig gespaltenen Knollen:
    • Breitblättrige Ragwurz

      (O. Iatifolia)

      Hat zusammengedrückte Knollen, deren Zipfel spitz sind und häufig in eine 3 – 6 cm lange Faser ausgehen. Die 27 – 48 cm hohen Stengel sind oberwärts kantig und ihre grünen Blätter sind seltener dunkel blutrot gesteckt. Die gedrungene Ähre ist kegelig und reichblütig, ihre Deckblätter sind groß, bärtig, eirund lanzettlich und zugespitzt. Die Blüten sind gesättigt purpurrot bis blassrot, seltener weiß. Die drei äußeren Blütenhüllezipfel sind nervig, die Seitenlappen der Honiglippe breit, stumpf und ausgebissen gezähnelt und der bald kürzere oder längere Mittellappen ist ganz. Ist eine der gemeinsten Arten, die auf feuchten Wiesen durch ganz Europa wächst und im Mai und Juni blüht.

    • Gefleckte Ragwurz

      (O. maculata)

      Ist der vorigen Art ähnlich, doch sind Stengel und Ähre schlanker, die Blätter ebenfalls bald grün, bald gefleckt, die Blüten blassrot mit purpurrot gefleckter, seltener weißer Honiglippe. Wächst auf feuchten Wiesen und in lichten Laubwäldern durch den größten Teil von Europa bis in die Voralpen hinauf und blüht im Juni und Juli.

Von diesen fünf Ragwurzarten, insbesondere aber von den drei ersteren, werden in Deutschland die schleimreichen Knollen als Salepwurzel oder Salep gesammelt.
Von den beiden, an jeder Pflanze vorkommenden Knollen ist jedoch nur die feste jüngere, welche die Knospe für den Stengel des nächsten Jahres trägt, zur Bereitung des Saleps brauchbar. Sie werden am besten nach der Blütezeit ausgegraben, wo dann der alte verschrumpfte Knollen entfernt wird.
Die Zubereitung besteht einfach darin, dass man die gereinigten Knollen einige Minuten in kochendes Wasser taucht und dann auf Fäden gereiht in einem Ofen oder auf sonst sine Weise möglichst schnell trocknet, wodurch sie eine mehr oder minder runzelige Oberfläche, eine gelbliche, grauliche oder blass bräunliche Farbe und eine harte, hornartige Konsistenz erhalten. In Wasser oder im Munde quellen sie langsam ans und gehen endlich in eine schlüpfrige, fast geruch- und geschmacklose, schleimige Masse über, welche, außer dem Bassorin ähnlichen Schleim, nur wenig Stärkemehl enthält.
Der Salep des Handels besteht zwar durchweg aus länglichen, oder rundlichen, ungeteilten Knollen, welchen nur selten handförmig geteilte beigemengt sind. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass die letzteren ebenso gut, wie die ersteren, zum Arzneigebrauch taugen. Man kennt bei uns den deutschen Salep, der in Franken von zum Teil zu diesem Zwecke gebauten Pflanzen gewonnen wird, und den asiatischen Salep, welcher aus Persien und der asiatischen Türkei über Trieft eingeführt wird, ohne Zweifel von sehr verschiedenen, dort heimischen Ragwurzarten herrührt und nach einer alten Gewohnheit, aber sehr unrichtig, den Namen indischer Salep führt. Beide Sorten kommen auch gepulvert im Handel vor, in welchem Zustand sie jedoch leicht verfälscht werden können.



Anwendung

Der Salep wird als nährendes, erweichendes, einhüllendes und reizminderndes Mittel, gepulvert, mit heißem Wasser, Milch oder Fleischbrühe angerührt, bei schwächlichen, von der Brust entwöhnten Kindern, bei mangelhafter Ernährung, Skropheln, Durchfällen und Rühren, sowie überhaupt bei Entzündungskrankheiten, Abzehrungen, Schwindsuchten und anderen, mit Reizung in den Verdauungs- und Atmungsorganen verbundenen Leiden angewendet.
Das Saleppulver mit Wasser zur Gallertedichte eingekocht, gibt die Salep-Gallerte, welche, mit kaltem Wasser abgerieben und dann mit heißem Wasser zusammengeschüttelt, den Salep schleim bildet.
Hufeland, wohl einer der berühmtesten Ärzte, empfiehlt jeder Mutter, ihrem Kind täglich einen Teelöffel voll Salepwurzel fein gepulvert unter der Milch, Fleischbrühe oder Suppe zu geben. Zu beachten ist dabei, dass das Pulver völlig aufgelöst wird. Auch der Salepschleim, den man durch Kochen der Wurzel in ¼ Liter Wasser bei gelindem Feuer nach einer halben Stunde erhält, und zur Reinigung durch ein Tuch drückt, auch mit etwas Zucker versetzt, ist ein treffliches, stärkendes Nahrungsmittel. Für abgezehrte, erschöpfte Kinder empfiehlt sich die Anwendung hiervon ganz besonders.

Bildnachweis: By Orchi (Self-photographed) [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

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