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Fingerhut

Fingerhut

Fingerhut
(Digitalis)

Gattung der Familie Kugelblumengewächse, mit 5 teiligem, dachziegeligem Kelche, bauchiger, röhrig glockiger, mit ungleich 5 lappigem Saum versehener Blumenkrone, deren Oberlippe stumpf, ungeteilt, bogig oder buchtig ausgerandet oder gespalten, während die Unterlippe 3 lappig ist und bildet einseitswendige Ähren, worauf eiförmige, wandspaltig 2 klappige und vielsamige Kapseln folgen.

Roter Fingerhut

(D. purpurea)

Hat einen 60 cm bis 1 Meter hohen und zuweilen noch höheren, filzigen Stengel, mit eiförmig-länglichen oder eilanzettlichen, gekerbten, runzeligen, unterseits feinhaarigen Blättern, von welchen die unteren gestielt und in den Blattstiel verschmälert sind. Die purpurroten Blüten sind innen behaart, gefleckt und in’s grauviolette spielend.

Wächst wild in waldigen Gebirgsgegenden, und zwar meist im westlichen Teile des mittleren Europa und blüht vom Juni bis August.

Die zu Anfang der Blütezeit gesammelten Blätter sind als Fingerhutkraut oder Purpurfingerhutkraut gebräuchlich. Sie sollen nur von den in Gebirgsgegenden wild wachsenden Pflanzen und zwar im zweiten Jahre, wenn diese bereits zu blühen beginnen, gewonnen, im Schatten getrocknet und nicht über ein Jahr aufbewahrt werden. Das frische Kraut entwickelt, zwischen den Fingern zerrieben, einen schwachen, widerlichen Geruch, der durch das Trocknen verschwindet, außerdem besitzt es einen ekelhaften, stark bittern und etwas scharfen Geschmack.



Anwendung

Der rote Fingerhut ist eine narkotisch-scharfe Giftpflanze, dessen Kraut in kleineren Gaben eine bedeutende Vermehrung alkr Absonderungen, dagegen eine Verminderung der Verwandlungstätigkeit bewirkt, zugleich aber auch die erhöhte Reizbarkeit des Nervensystems herabstimmt, daher ist das Kraut ein geschätztes Mittel bei mancherlei Krankheiten des Blutwasser-, wie auch des Nervensystems, wie bei Skropheln, Wassersucht, Kongestionen und Blutflüssen, bei langwierigen Entzündungen, ferner bei Fallsucht, Wahnsinn, Keuchhusten, krampfhaftem Asthma u. s w.

Den meisten Ruf hat sich jedoch der rote Fingerhut in Herzkrankheiten erworben und hier wieder bei der Herzvergrößerung und zwar bei der Vergrößerung des linken Herzens vor allem, es mag diese ursprünglich oder infolge von Fehlern des Klappenapparates entstanden sein, ebenso bei Herzerweiterung.

Unter seinem Einflüsse werden die Herzkontraktionen (Herzschläge) langsamer und in vielen Fällen zugleich energischer (der Puls wird langsamer und kräftiger). Bei zu lange fortgesetztem Gebrauche jedoch können die Zusammenziehungen des Herzens in dem Grade an Häufigkeit und Ergiebigkeit abnehmen, dass wirkliche Gefahr für den Patienten daraus entsteht. Daher darf dieses Mittel bei blutarmen und schwächlichen Personen nur mit Vorsicht angewendet werden.

Die Wirkungen desselben treten übrigens nur langsam, meist erst nach 24 Stunden und noch später ein. In Pulverform gibt man von ihr 0,0125 – 0,05, höchstens 0,10 g, 2 – 3mal des Tages. Treten üble Zufälle ein, so muss sofort mit diesem Mittel für einige Zeit ausgesetzt werden.

Der Aufguss von 0,3 bis 1 g genügt. Man wendet das Mittel ferner bei Schlagadergeschwülsten, Entzündungen der Hirnhäute und Brustorgane, und Reizungszuständen der Geschlechtsteile an, auch bei Wahnsinn.

Die Fingerhutkrauttinktur dient äußerlich zu Einreibungen. Hier und da ist ein Fingerhutkrautessig, gewöhnlich 1:8 gebräuchlich, der als zweckmäßiges Einreibungsmittel bei zurückgetretenem Scharlach gute Dienste leistet. Indessen darf dieses Mittel nie ohne Zuziehung des Arztes gebraucht werden.

In der Homöopathie mindert das Fingerhutkraut den Blutlauf und erregt das System der einsaugenden Gefässe, daher ist es da am dienlichsten, wo beide zu träge sind. Man gibt es bei gichtlichen Beschwerden, Gelbsucht, Brust- und Bauchwassersucht, gastrischem Fieber, Typhus, Wahnsinn, Schwermut, Gedächtnisschwäche, Drüsengeschwülsten, akutem Wasserkopf, katarrhalischen, skrophulösen und gichtischen Augenentzündungen, langwierigen Leberkrankheiten, Brustfellentzündung, Blutspucken, Engbrüstigkeit, Herzklopfen, langwierigen und organischen Krankheiten des Herzens und der großen Gefässe, Klappenfehlern und bei schmerzhafter Fußgeschwulst.

Man gibt 1 – 2 Tropfen (nach Lobethal in der Brustwassersucht 5 – 10 Tropfen) der reinen Tinktur, aus den bei Beginn der Blüte im Juni bis Juli an trockenen Tagen gesammelten Blättern. Dieselbe wird nach Regel 2 bereitet, welche eine dunkelgrüne Farbe und einen widrigen, schwach narkotischen Geruch besitzt oder man gibt 1 – 2 Tropfen der 1., 2. Verdünnung und wiederholt diese Gabe je nach Umständen alle 4, 6, 8, 12 Stunden.

In der Tierheilkunde verwendet man das Fingerhutkraut nur innerlich wegen seiner Eigenschaft, die Zahl der Pulsschläge zu mindern, bei heftigen Entzündungen, besonders der wässerigen Häute der Lunge und des Herzens, wenn durch vorausgegangene Blutentleerungen und die Verabreichung von Salzen, die größte Stärke derselben gemildert ist, bei den nicht selten vorkommenden langdauernden Herzkrankheiten der Hunde. Wegen seiner Eigenschaft, den Harn zu befördern, wendet man dasselbe ferner in Verbindung mit anderen sog. harntreibenden Mitteln bei wässerigen Ergüssen in das Unterhautbindegewebe und in die wässerigen Säcke an, bei der Anwendung dieses Mittels muss jedoch stets vorsichtig zu Werke gegangen werden.

Man gibt nur kleinere Gaben, bei Pferden und Rindern 9,5 – 2,5 g, bei Schafen, Schweinen und Hunden 0,10—0,50 g in längeren Zwischenräumen und setzt, wenn man es einige Tage hindurch gegeben hat, stets einen Tag wieder aus; dies wird um so notwendiger, sobald sich gefahrdrohende Erscheinungen zeigen.

Man gibt das Fingerhutkraut in einem heiß bereiteten Aufguss oder in Pillen- oder Latwergenform in passenden Verbindungen, namentlich mit Salpeter, Glaubersalz, Doppelsalz, Weinstein, Kalomel, Brechweinstein, Salmiak, sogar mit Aloe. Um für große Tiere die nötige Masse, besonders bei der Anwendung dieses Mittels in Pillen- oder Latwergenform zu erhalten und um seine nachteilige örtliche Einwirkung auf die Verdauungseingeweide zu verhüten, ist in den meisten Fällen der Zusatz von schleimigen Mitteln von Süßholzwurzel oder auch von Enzianwurzel angezeigt. Der Fingerhutauszug wird mit Vorteil statt der Blätter für den innerlichen Gebrauch verwendet. Die Gabe ist hier 0,4 – 0,5 g für Pferds, welche Gabe man mehrmals des Tages wiederholt.

Die homöopathischen Tierärzte reichen das Fingerhutkraut bei dein Herzklopfen der Pferde, wenn es nicht in einem organischen Fehler des Herzens besteht, bei beschleunigtem, schwachem und unregelmäßigem Pulse, schnellem und kurzem Atem, bei der Grippe oder Schnupfenfieber der Pferde, wenn dieselbe mit Entzündung des Herzbeutels verbunden ist, bei unregelmäßigem und aussetzendem Pulse, sehr beschleunigtem und kurzem Atem, Schwanken im Gange und lähmungsartiger Schwäche der Füße, bei langanhaltendem Bronchialkatarrh und beginnender Lungenschwindsucht, bei nervösem Dampfe (Asthma) der Pferde, bei subakuter Gehirnentzündung der Pferde und im Beginn des Kollers, besonders wenn derselbe einen sog. aufgeregten Charakter hat.
Man gibt 3., 6. Verdünnung.

Ockergelber Fingerhut

(D. ochroleuca)

Mit schmutzig schwefelnder ockergelber Blumenkrone. Wächst auf waldigen Bergen und Felsen des mittleren Europa.

Geglätteter Fingerhut

(D. levigata)

Mit bräunlich-gelber und rötlich-braun geäderter Blumenkrone, ist in Kroatien und Dalmatien heimisch.

Rostfarbiger Fingerhut

(D. ferruginea)

Ist im südlichen Europa auf Hügeln und Bergen heimisch.



Anwendung

Diese Arten besitzen die Eigenschaften des roten Fingerhuts und können da, wo dieser nicht heimisch ist, mit demselben Erfolge angewendet werden.

Bildnachweis: User:LSDSL [Attribution or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

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