Hauptmenü

Enzian

Enzian

Enzian, (Gentiana)

Gattung der Familie Bitterlinge, mit 4- bis 10 spaltigem oder teiligem, oder halbiertem und scheidenartigem Kelche, rachiger oder glockiger Blumenröhre, deren 4 – 9 teiliger Saum, zuweilen mit zwischenstehenden, ganzen oder 2 spaltigen Läppchen versehen ist, und einen nackten oder fransig-gebärteten Schlund hat. Auf diese Blüte folgt eine 1 fächerige, 2 lappige und vielsamige Kapsel.

Gelber Enzian

(G. lutea)

Großer Enzian, edler Enzian, Bitterwurz, hat eine große, 30 – 60 cm lange, 1 ½ – 3 cm dicke, walzige, geringelt-runzelige, einfache oder wenig astige Wurzel, die bald heller oder dunkler braun, fleischig und innen gelb ist.
Der 50 – 100 cm hoch werdende Stengel ist dick und röhrig, dessen unterste Blätter über 30 cm lang sind, während die oberen schnell an Große abnehmen. Die gelben, ausgebreiteten, 6 cm im Durchmesser haltenden Blume sind einfarbig oder es sind die Zipfel innen mit 3 Reihen brauner Punkte bezeichnet. Findet sich auf höheren Gebirgen des mittleren und südlichen Europas, zumal auf den Triften der Alpen und Voralpen, wird aber auch, ihrer vorzügliche Dienste leistenden Wurzel wegen, in unsern Gärten gepflanzt, und blüht im Juli und August. Namentlich von dieser Art wird die bei uns gebräuchliche Enzianwurzel gesammelt, die auch als gelbe Enzianwurzel, große Enzianwurzel und rote Enzianwurzel bezeichnet wird. Die im Handel vorkommende getrocknete Wurzel, besteht aus 9 – 30 cm langen, zum Teil gespaltenen Stücken, welche von der Hauptwurzel herrührend, dicht ringartig gerunzelt, von den Ästen dagegen mehr längsrunzlich sind. Diese Stücke sind ferner außen rötlich oder graubraun, innen geller oder dunkler gelb und wenn sie noch nicht zu lange gelegen haben, ziemlich weich und biegsam, völlig ausgetrocknet, aber brüchig und sehr leicht pulverisierbar, dabei zeigen sie auf dem Querschnitt eine festere Rinde und einen mehr fleischigen und etwas schwammigen Kern. Ihr Geruch ist schwach gewürzhaft, ihr Geschmack dagegen sehr stark und anhaltend bitter. Die Hauptbestandteile sind das sog. Enzianbitter — Gentianin — und ein eigentümlicher, geschmackloser Stoff, das Gentisin.



Anwendung

Die Enzianwurzel wird als das ausgezeichnetste unserer inländischen, stärkend-bitteren Heilmittel bei reiner Schwäche der Verdauungsorgane, bei kaltem Fieber, zumal bei Neigung zu Krämpfen allgemein geschätzt und in Pulverform, im Aufguss oder in der Abkochung verordnet.

Gebräuchliche Präparate derselben sind das wässerige Extrakt und die Tinktur.
Die Wurzel bildet ferner einen Bestandteil mehrerer zusammengesetzter Tinkturen, und der Auszug einen Bestandteil des Magenelixiers.
Die vielgerühmten „englischen Gallenpillen”, gegen träge Verdauung, Blähungen und Verstopfungen älterer Leute bestehen aus 8 g Enzianwurzel und Chinarindenextrakt, 15 g verdickter Ochsengalle und je 6 g Karbodenedikten- und Wermutextrakt, und 8 g Eisenfeilspänen. Hieraus werden Pillen von 6 Zentigramm schwer gemacht und täglich 2 – 4 mal 7 Stück genommen.

In der Tierheilkunde wird die Enzianwurzel, namentlich bei oft wiederkehrender und weniger im wirklichen Überfüttern, als vielmehr in allmählicher Ansammlung der Futtermassen in den Gedärmen begründeter Überfütterungskolik, ebenso im späteren Verlauf der Gelbsucht und Fäule der Schafe und des Rindviehs, bei Unverdaulichkeit, wenn der Kot groß geballt, in großen klumpen und mit Schleim überzogen, abgeht, bei Schleimfiebern, bei Würmern etc. gebraucht werden. Von entzündlich gastrischen Zuständen zieht man zuweilen den Bitterklee und die übrigen schwächeren Mittel dem Enziane vor. Man gibt Pferden und Rindern 15 – 30, Schafen, Ziegen und Schweinen 4 – 12 g, Hunden und Katzen 0,6 – 4 g. Die Anwendung geschieht teils in Pulverform, besonders bei Pferden und Schafen, teils in Pillen und Latwergen, teils im Aufguss oder Ablöschung, letzteres besonders beim Rindvieh. Im Pulver ist zwar die Wurzel sehr wirksam, die Tiere verderben sich aber dadurch mehrmals sehr bald den Geschmack und dadurch auch den noch vorhandenen Appetit. Man verbindet die Enzianwurzel nach Erfordernis auch mit abführenden Salzen. Äußerlich benutzt man das Enzianwurzelpulver zum Einstreuen in üppig-wuchernde, schlaffe, stark jauchende Wunden und Geschwüre, besonders wenn dieselben zugleich durch Insektenmaden verunreinigt sind. Zu diesem Behufe versetzt man es auch zu gleichen Teilen mit Kohlenpulver und Eichenrindenpulver, oder auch mit der Hälfte Zinkvitriol, oder Alaun, oder mit dem achten Teil Kampfer, oder roten Präcipitat etc. Ebenso kann man bei Wunden und Geschwüren von der angegebenen Beschaffenheit auch eine Enzianabkochung, 1 Teil Wurzel auf 8 – 10 Teil Wasser anwenden.

Purpurroter Enzian

(G. purpurea)

Spitzer Enzian, hat einen 20 – 40 cm hohen Stengel, der auf dem Gipfel einen 5 bis 10 blütigen Büschel und darunter meist noch 2 gegenständige Blüten trägt. Die Blume ist über 3 cm lang, ihre Röhre gelb, der Saum außerhalb gesättigt oder auch hell purpurrot und innen gelblich. Findet sich auf den Alpen der Schweiz und Piemonts, sowie auf den Pyrenäen und in Norwegen und blüht ebenfalls im Juli und August.



Anwendung

Die Wurzel dieser Art, welche mit jener der vorhergehenden Art Ähnlichkeit hat, nur dünner und kürzer und immer von braunroter Farbe ist, wird als Schweizer-Enzian in den Handel gebracht und angewendet.

Ungarischer Enzian

(G. pannonica)

Österreichischer Enzian, roter Enzian, ähnelt zwar der vorigen Art, doch ist er durch den glockigen, 6 kantigen, tief 6 zähnigen Kelch leicht von derselben zu unterscheiden. Die gesättigt – purpurrote Blume ist schwärzlich, violett punktiert, während die Röhren außen unterwärts, innen aber bis zum Saum gelblich sind. Findet sich auf den Alpen und Voralpen von Tirol und Bayern bis Ungarn und Siebenbürgen und blüht von Juli bis September.

Anwendung

Die Wurzel wird unter dem Namen ungarischer Enzian in den Handel gebracht und stimmt in ihren Eigenschaften mit der des gelben Enzian überein.

Punktierter Enzian

(G. punctata)

Ist in Größe und Tracht der vorigen Art ähnlich, nur sind die Blätter breiter, die Kelche um die Hälfte kürzer, die Blumen ebenfalls etwas kürzer, aber weiter glockig, trüb oder bleich strohgelb, dabei dunkelrot punktiert. Findet sich auf Grasplätzen der Alpen und Voralpen, von der Schweiz bis zum südlichen Abfalle des Riesengebirges und blüht im Juli und August.

Anwendung

Auch diese Wurzel gleicht in ihren Eigenschaften der gelben Enzianwurzel und kommt deshalb auch als Enzianwurzel im Handel vor. Die Alpenbewohner der Schweiz bereiten aus ihr den bitteren Enzianbranntwein.

Chirayta-Enzian

(G. chirayta)

Ostindische Chiraytapflanze, ist eine ausdauernde, kahle, 40 – 120 cm hohe, kreuzastige Pflanze, mit lanzettlichen Blättern und kleinen, radförmigen, 4 teiligen, gelben Blumen. Findet sich auf den Gebirgen Nordindiens.

Anwendung

Die ganzenStengel stehen als ausgezeichnet bitteres Arzneimittel in Ostindien in hohem Ansehen und werden unter dem Namen Chiraytastengel oder Chirettastengel in neuerer Zeit nach Europa gebracht und angewendet.




Bildnachweis: By Innocenti.rob (Own work) [GFDL or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Ähnliche Einträge


Kommentare sind geschlossen.