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Bilsenkraut

schwarzes Bilsenkraut

Bilsenkraut

(Hyoscyamus)

Gattung der Familie Nachtschattlergewächse, mit krugförmigem, 5zähmgem bleibendem Kelche, trichteriger Blume, deren etwas schiefer und ungleicher Saum 5lappig ist, auf welche eine zweifächerige vielsaumige Kapsel folgt.

Schwarzes Bilsenkraut

(H. niger)

Gemeines Bilsenkraut, Schlafkraut, Teufelsauge, Zigeunerkraut, Teufelswürz, Prophetenkraut, Tollkraut hat eine gestreckt-spindelförmige, wenig ästige, weißliche Wurzel, welche einen aufrechten, fast stielrunden, 45-60cm hohen Stengel treibt, dessen Blätter weich anzufühlen sind. Die 15-30cm langen, mit spitzen, hier und da grobgezäfelten Zipfeln versehenen Wurzelblätter sind zur Blütezeit bereits abgestorben, während ihre Stengelblätter auch oben allmählich kleiner werden. Die gipfelständigen, anfangs zurückgerollten, nach dem Verblühen geraden Ähren, haben 3cm lange, trübgelbe Blumen, deren purpurviolettes Adernetz im Grunde dichter und dunkler wird. Die 1,5cm lange Kapsel ist viel kürzer als der oben trichterig erweiterte, gleichmäßig fünfzähnige Kelch, dabei ist das Gehäuse unter dem Deckel dünner und zarter, der Deckel dagegen dick und lederiger. Findet sich auf Schutt, an Wegen, Zäunen und auf unbebauten Stellen im größten Teile von Europa.

Die getrockneten, nicht die frischen Blätter – Bilsenkraut – und die Samen – Bilsenkrautsame – sind als Heilmittel gebräuchlich. Die Blätter, welche nur von zweijährigen, womöglich wild wachsenden Pflanzen beim Beginn der Blütezeit gesammelt werden sollen, besitzen im frischen Zustande, wie die ganze Pflanze, einen starken, widrigen und betäubenden Geruch und einen faden, schwach bitterlichen, kaum scharfen Geschmack. Beim Trocknen schrumpfen sie wegen ihrer weichen Beschaffenheit sehr Zusammen, verändern ihre grau-grünliche Farbe in eine bräunlich-grüne und werden, da auch ihr Geruch etwas schwächer wird, leicht etwas unkenntlich. Ihr kennzeichnender Bestandteil ist ein kristallisierbares Alkaloid, das Hyoscyamin . Die kaum 1,3mm langen, kleinen Samen sind zusammengedrückt, rundlich oder verkehrt eirund, ins nierenförmige gehend, dabei von bräunlich-grauer oder braun-gelber, im angefeuchteten Zustande von brauner Farbe. Dieselben sind, unter der Lupe betrachtet, zierlich netzartig gerunzelt, dabei von schwachem Gerüche und widerlichem, bitteröligem Geschmack. Sie enthalten neben Hyoscyamin noch ein fettes Öl . Die Pflanze ist für den Menschen tödlich. Die Wurzel, welche derjenigen der Cichorie ähnelt, verursacht nach dem Genusse heftiges Brennen im Halse, Verzuckungen und Rasereien, die häufig tödlich enden. Die Blätter wirken ähnlich, noch viel stärker aber der Same, es tritt Schwindel, Krampf, Lähmung, und wenn nicht sofort ein Arzt gerufen, und inzwischen Gegenmittel, warme Milch, Öl, Brechmittel angewendet werden, der Tod unter den heftigsten Schmerzen ein.



Anwendung

Blätter und Samen werden als stark narkotische krampf- und schmerzstillende Mittel geschätzt. In dieser Beziehung werden hauptsächlich die Blätter als eines der wichtigsten derartigen Mittel bei vielen krampfhaften und schmerzhaften Leiden, wie Nervenfiebern, Epilepsie, Hysterie, Rheumatismen, Husten, Magenkrampf, ferner bei wirklichen Entzündungskrankheiten, wie Lungenentzündungen, eingeklemmten Brüchen, schließlich bei schmerzhaften Leiden der Harn- und Geschlechlsorgane angeordnet. Überdies schreibt man dem Kraute zerteilende und auflösende Wirkungen zu und gibt es daher innerlich wie äußerlich bei schmerzhaften, Skrofulösen und bei krebsartigen Drüsenleiden und ähnlichen Fällen, wo der gefleckte Schierling angezeigt ist und dann gewöhnlich in Verbindung mit diesem. Sehr selten gibt der Arzt innerlich das Kraut oder die Samen, jenes zu 0,1-0,3g in Pulverform oder als Aufguss zu 0,4g für den Tag, diese zu 1,5-3,0g als Pflanzenmilch. Dagegen wendet man häufiger das Kraut äußerlich allein oder mit Schierling und Leinsamen bei schmerzhaften Geschwülsten oder krampfhaften Zusammenziehungen der Muskeln, wie der Blase, des Mastdarmes, als Breiumschläge oder als Aufguss zu Bähungen, Einspritzungen, Klistieren von 4-8g auf 180g Durchseihung an. Man gibt vom wässerigen Extrakt 0,05-0,20g, vom alkoholischen Blätterextrakt 0,025-0,05g als Gabe in Pulver-Auflösung. Zur Herstellung von Augenwässern nimmt man 1,0-3,0g auf 30g Wasser und zur Herstellung der Salbe nimmt man 4,0g auf 30g Fett. Zum äußerlichen Gebrauch dienen ferner zwei Öle, von denen das eine durch Pressen der zerstoßenen und mit Wasserdämpfen gesättigten Samen, das andere durch Kochen von 4 Teilen Olivenöl mit 1 Teil frischer Bilsenkrautblätter erhalten wird. Beide gebraucht man als schmerzstillende Einreibungsmittel.

In der Tierheilkunde ist das Bilsenkraut von den Ärzten als innerliches Arzneimittel bisher nur wenig angewendet worden. Hayne ist der Ansicht, das Bilsenkraut, möge es nun grün, ein oder der andere Teil, oder die ganze Pflanze, im Absud-Extrakt u. s. f. gramm- oder lotweise gereicht werden, so sei dasselbe bei Koliken, Starrkrämpfen und ähnlichen krampfhaften Leiden von ausgezeichneter Wirkung. Greve empfiehlt dasselbe beim Blutharnen des Rindviehs, wenn dasselbe von wirklicher Schwäche herrührt, als das beste und am schnellsten wirkende Mittel. Entspringt dasselbe jedoch einem Entzündnngszustande, so steigere das Bilsenkraut das Übel. Auch benützt er das Kraut und das Extrakt in kleinen Gaben beim Nerven- und Faulfieber und in der Windkolik. Hertwig hat es bei dem Blutharnen aus Schwäche, bei der Harnruhr mit demselben Charakter, bei sehr schmerzhaften von Schwäche herrührenden Entzündungen, besonders bei solchen Lungen- und Brustfellentzündungen, bei dem sogenannten feuchten Dampf, bei schmerzhaftem Husten und bei dem Dummkoller, wenn derselbe nicht in Begleitung von Kongestionen auftrat, sehr oft mit dem größten Nutzen angewendet. Äußerlich dient es bei allen schmerzhaften, aus Schwäche herrührenden Entzündungen, bei dergleichen Verhätungsgeschwülsten und bei schmerzhaften Wunden, besonders sehniger Gebilde, beim eingetretenen Wundstarrkrampf, bei schmerzhafter Mauke und dergleichen. Die Gabe von dem getrockneten Kraute ist für Pferde und Rinder 15-90g, für Schafe, Ziegen und Schweine 8-30g, für Hunde 0,6g-4g täglich 2-3mal. Die Anwendung geschieht in Latwergen, Pillen oder in gelinder Abkochung. Äußerlich benützt man gleichfalls die Abkochung zu Waschungen und Bähungen oder auch in Form von Breiumschlägen. Man gibbt das Mittel entweder für sich allein oder versetzt es nach Bedürfnis mit anderen Stoffen. Als ganz vortrefflich hat Prof. Hertwig bei dem Blutharnen und bei der Harnruhr die Verbindung des Bilsenkrautes mit dem Bleizucker kennen gelernt. Die Wurzel des Bilsenkrautes ist von einigen Tierärzten gegen dieselben Krankheiten, gegen welche das Kraut gebräuchlich ist, angewendet worden. Sie soll kräftiger wirken, weshalb sie nur in der Hälfte der Gabe desselben verordnet wird. Die Samen sollen umstimmend auf den ganzen Ernährunqs- und Bildungsprozess wirken und werden deshalb den Pferden zu 16-24g, Rindern zu 15-30g, Schafen zu 8g, Hunden zu 1-1,5g täglich 3mal und zwar 14 Tage lang bei alten Geschwüren, veralteter Druse usw. gegeben. Das Extrakt wird Hunden zu 0,6-0,7g täglich 3-4mal in Pillen, Latwergen und Auflösungen verabreicht. Zum Waschmittel nimmt man 0,6g-1,2g auf 30g Flüssigkeit und zur Salbe 1g zu 15g Fett. Die Tinktur ist bisher nur versuchsweise beim Dummkoller der Pferde in Gaben von 4-12g zu Einspritzungen benützt worden. Das Öl ist als ein reizmilderndes Mittel bei schmerzhaftem Husten, Kolik und dergleichen Leiden für Pferde zu 90-120g, für Hunde Zu 8-15g und äußerlich bei schmerzhaften Wunden, bei Ohrenzwang der Hunde zu benutzen, aber besser ersetzt man es, wenn man Bilsenkrautertrakt 1 Teil mit 25-30 Teilen Glycerin mengt.

In der Homöopathie dient der mit Weingeist gemischte Saft der blühenden Pflanze gegen Wurmleiden mit Krämpfen, auch gegen andere krampfhafte Leiden, wie Epilepsie, Veitstanz, trockenen Krampfhusten, gegen Nerven-, Wechsel- und Kindbettfieber, Melancholie, Blödsinn, entzündliche Gehirn- und Unterleibsleiden, verschiedene Augenleiden, Wasserscheu, Lungenschwindsucht, Durchfälle bei Wöchnerinnen, Speise-Erbrechen bei Kindern, Bluterbrechen, Zahnschmerz und Schluchzen. Ferner gebraucht man dieses Mittel bei heftigen Schmerzen der Kopfnerven, bei andauernden Blutflüssen, Blasenkrampf, Mutterblutfluss. Man gibt 1-2 Tropfen der 1., 2., 3. bis 6. Verdünnung einmal bes Tages oder öfter, je nachdem es die Umstände erheischen. Die homöopathischen Tierärzte verordnen dieses Mittel bei Hundswut, wenn anhaltende Zuckungen und Verrenkungen der Glieder, der Lippen- und Halsmuskeln dieselbe begleiten, welche in der Regel nach dem Genusse von Getränken stärker hervortreten, dann bei der Hirnentzündung, Lahme kranker Fohlen, wenn die Augen dabei unbeweglich, glänzend oder krampfhaft verschlossen sind, ferner bei Koller, bei Zuckungen und Verdrehungen der Glieder, Verziehung des Kopfes nach links, bei krampfhaftem nächtlichem Husten, der periodisch auftritt, gegen Harnzwang und Harnverhaltung und gegen epileptische Zufälle.

Zur Zeit der beginnenden Blüte im Juni oder Juli werden die Blätter und Blütenstände nach Regel 2 zur Bereitung der Tinktur verwendet. Man gibt hiervon die 3. und 6. Verdünnung.

Bildnachweis: By H. Zell (Own work) [GFDL or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons



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